Gesellschaft und Haltung
Als junger Erwachsener habe ich viel von Max Frisch gelesen. Das kam durch „Homo Faber“, wir hatten es als Projekt in der Schule. Ich las auch: „Mein Name sei Gantenbein“. Während der leicht lesbare Stoff vom reisenden Ingenieur Faber eine für viele Romane typische Struktur aufweist, muss man sich auf die verschachtelte Konstruktion im „Gantenbein“ einlassen können. Nach einer durchgängigen Geschichte sucht der Lesende zwischen den Protagonisten Gantenbein, Enderlin, Svoboda und Lila vergeblich. Obschon das Geschehen in vielen Szenen Zusammenhänge suggeriert, so dass man irgendwie ein Gesamtbild verinnerlicht, bleibt der Roman uns seine eigentliche Erzählung schuldig. Das ist provokante Absicht. Im Buch wiederholt sich der Satz: „Ein Mann hat eine Erfahrung gemacht, jetzt sucht er die Geschichte dazu“. Was das soll, habe mich seinerzeit gefragt? Es geht manches nicht so einfach hinzuschreiben, ohne schließlich doch eine absichtlich geformte Geschichte draus zu machen. Ein wenig Theater ist immer dabei, wenn man schreibt.
„Alles ganz eitel“, wusste schon Salomo, der Prediger, ein alter Bibeltext.
Gläubige hoffen auf einen Vater im Himmel, der sie durchs Leben geleitet, an die Hand nimmt, zuhört beim Gebet. So erwarten die Leser vom Roman einen Autor, der ihnen seinen Stoff verständlich macht, weiß, wovon er redet, über allem steht? Die Erfahrung, von der dieser erwähnte, ein wenig unscharf bleibende Erzähler im „Gantenbein“ berichtet, um dessen Geschichte er ringt, sie hinzubringen und es doch vermeiden muss, allzu genau zu werden, dürfte bitter sein: Das Leben zeigt uns seinen Sinn nicht. Damit begreift einer, dass unser Dasein auch ohne verborgenen höheren Zweck so sein könnte, wie es eben ist. Wer an einen Gottvater glauben möchte, muss sämtliche Zeit ausblenden, die man allein, auf sich selbst gestellt bleibt, die Nase voll hat vom Leben und nichts als wartet, hofft –.
Lesen hat heute einen anderen Stellenwert als zu meiner Jugend. Das kommt durch unsere digitale Realität. Mir schenkte früher, als ich klein war, eine Tante irgendwann „Moby Dick“ von Melville, und zwar als besondere Ausgabe für die Jugend. Das machte aus dem dafür extra veränderten Klassiker einen in seinen äußeren Abmessungen großen Band, mit großen Buchstaben, außen in leuchtend blauer Gestaltung. Der Titel zeigt eine poppige Illustration. Wal schießt auftauchend Fangboot in die Luft, Leute fliegen raus, Segelschiff schemenhaft erkennbar im Hintergrund, buntes Malzeugs, Kitsch, würde ich sagen. Wir armen Kinder. Kindgerecht, beinahe kindisch klingt auch die umgemodelte Sprache in diesem Werk: „Ich heiße Ismael.“ So beginnt das für die Jugend frisierte Buch. Ich muss nicht nachschauen, denn das Ding steht noch irgendwo im Regal bei uns. Das Original ist sensibel übersetzt. Das steht ebenfalls bei uns im Schrank. Als ich älter war, habe ich es gelesen. Es heißt dort bekanntlich anfangs:
„Man nenne mich Ismael.“
Menschen werden verdooft von Menschen, die damit verdienen, das zu tun. Ich denke: Mein Name „sei“ Gantenbein; Max Frisch bleibt aktuell. Das habe ich mitbekommen, gerade erscheint „Stiller“ als Film im Kino. Die Rezessionen scheinen aber negativ auszufallen, wenn man googelt. Es dürfte herausfordernd sein, aus dem Stoff einen Film zu drehen, das überhaupt zu wagen. Ich bin tatsächlich kaum noch im Kino gewesen in den letzten Jahren. Früher habe ich’s geliebt und auch viel gelesen. Seit einiger Zeit entdecke ich zu schreiben für mich selbst. Das ist anders als lesen, was konsumieren bedeutet, sich einlassen. Musik hören ist ebenfalls nicht gleichbedeutend damit, welche zu machen, sie tatsächlich zu verstehen. Das Sammeln von Bildern macht uns nicht zum Künstler; eine Anmerkung von David Hockney, und sie stimmt. Für welche Materie wir uns interessieren, bestimmt auch, worüber wir denken, schreiben. Was einer liest, sich anschaut, formt schließlich die besondere Persönlichkeit. Ich bin nebenbei ein wenig bewandert im Geschehen rund ums Krankenhaus und drinnen am Bett, was da zu tun ist, gebe ich zu, kenne mich aus. Ich habe tatsächlich „Heldin“ im Kino gesehen, und es hat mich berührt. Etwas weniger dick aufgetragen an mancher Stelle wäre der Film oskarreif geworden. Regie ist wesentlich, nicht nur ein guter Plot oder fähige Darsteller machen alles zum Geniestreich. Ein guter Trainer kann den Fußballverein an die Spitze bringen. Ein besonderer Arzt rettet unser Leben, ein anderer ruiniert es vollkommen. Was schreiben? Man findet sein Thema, und das Geschehen kommt ja auch zu uns, drängt sich auf, darüber zu berichten.
Weniger als ein Ratgeber ist diese Sammlung meiner Texte also Erfahrung in Form von Anekdoten. Meine jungen Jahre nach dem Studium sind geprägt von zumeist hilflosen Versuchen, im Leben Fuß zu fassen. Als hochgelobter Student der Illustration mochte ich geglaubt haben, es ginge später im Beruf so weiter mit der Anerkennung durch die Wichtigen? Es kam anders. Das ging jedenfall voll in die Hose, mein Leben, kann ich sagen. Kurz nachdem meine „Diplomarbeit“ fertig war, so hieß das seinerzeit an der „Armgartstraße“, und ich diesen Zoo für Begabte in die raue Wirklichkeit verlassen hatte, wurde ich krank, aber richtig. Es ist bitter, in Ochsenzoll aufzuwachen, und Piet sitzt da, fragt:
„Was machst du für Sachen, Johnny?“
Heute, einige Episoden später, verstehe ich den Frisch besser. Schreiben hilft schon mal. Das ist ein Thema: Meiner Auffassung nach verzettelt sich die Psychiatrie und hilft der Gesellschaft insgesamt, ein grundsätzliches Theater aufrecht zu erhalten. Die Ärzte beschädigen dafür ihre Patienten nachhaltig, um selbst Anwürfen standzuhalten, die es möglicherweise geben könnte, wenn sich jemand, den sie betreuen, vorsichtig gesagt, daneben benimmt.
# Die einfachsten Dinge sind kompliziert
Es stimmt nicht, dass man krank ist und die Psychiater gute Helfer sind. Das Ganze ist komplizierter und einfacher zugleich. Es ist üblich, alles zu verdrehen in dieser Realität der Worte, die welche wie ich noch nicht so ganz verstehen. Mancher, der so tut als ob, versteht das Leben genauso wenig. Es ist Glück dabei, sich schlau zu fühlen und es doch nicht zu sein. „Das Peter-Prinzip“ will uns darauf hinweisen, wie angehen kann, dass Inkompetenz regiert und der „Dunning-Kruger-Effekt“ probiert darzustellen, wie Menschen mehr von sich halten, als gut ist. Nicht alle werden krank, die sich selbst verfehlen. Mir geht es um einige Erkenntnisse, die nützen könnten, sich gesünder zu fühlen, also nicht angepasster aus der Sicht der Allgemeinheit, sondern selbstbestimmter. Wir schlagen uns rum mit einer Vielzahl von Diagnosen in der Medizin. Das könnte nachteilig für die Patienten sein, weil es die Verallgemeinerung von Beschwerden bedeutet und einen von sich selbst entfernt.
Im Pinneberger Tageblatt findet sich ein ganzseitiger Artikel vornan. Eine Frau wird porträtiert. Die Überschrift: „Ich will der Migräne keinen Raum geben“, und den Rest kann man sich denken. Es ist nicht nötig weiterzulesen. Da wird von einem Leben mit Schmerzen berichtet, zum Schluss ein bestimmtes Medikament beworben. Dieses Denken passt zur Aussage eines Freundes, die dieser wie nebenbei in einer Mail machte, es gebe Tage, da habe ihn „Mr. Parkinson“ voll im Griff. Die Migräne und Mr. Parkinson, da fehlt nur noch eine schmerzliche Liaison und endlich eine Hochzeit unter Tränen? Mein Arzt erklärte seinerzeit ähnlich: „Wir wollen verhindern, dass die Psychose wiederkommt.“ Hier werden Begriffe personifiziert. Wie anfassbare Leiden bekommen bloße Etiketten ihre handfeste Gestalt.
Das ist falsch.
Wer so denkt, verewigt seine Probleme, die Schmerzen. Schmerz etwa (eine beliebte Floskel führt in die Irre) kann man nicht bekämpfen, weil es keinen Schmerz gibt ohne den Menschen, der diesen Schmerz an sich erlebt. Meine Schmerzen sind nicht die anderer, wie auch jede spezielle Erinnerung nicht korrekt auf Fremde übertragen werden kann, obwohl wir vom „Gedächtnis“ reden. So gesehen dürfte die Seele nicht erkranken, wenn es keine Seele gibt. (Die Kirche ist schuld an mancher Blödheit, die wir heute noch immer erleiden). Körper und Geist, das kann man hinschreiben, aber nur deswegen, weil wir das eine anschließend dem anderen sagen können. Dieser Verbund lässt sich real nicht trennen. Wer so therapiert, arbeitet mit seinem Werkzeug wie einer, der bloß Luftgitarre spielt. Man kann gar keine Psychotherapie machen, weil keine Psyche solo herumläuft.
Sich wichtig tun, die kausale Kette erklären, erhebt den Sprechenden nach ganz oben. Der Arzt kennt die Ursache? Er ist der Kommissar, der einen Fall löst, und so möchte der Doktor im weißen Kittel gesehen werden. Die Bildzeitung und ihre Leser sind das Niveau dieser Denkweise. Unzählige (billige) Fernsehproduktionen zeigen, wie unsere Gesellschaft tickt. Der „Tatort“ ist Kult, aber auch vor dem Abend passiert dasselbe. Von „Waschpo Berlin“ über „Rosenheim-Cops“ bis zu „Notruf Hafenkante“ oder nebenan rüber ins „Großstadtrevier“ zappt der Interessierte und weiter in „die jungen Ärzte“, „in aller Freundschaft“, alte Folgen der „Schwarzwaldklinik“ oder „Bettys Diagnose“. Schön auf der Suche nach dem Täter, der Ursache, ist unsere Methode, sind wir unterwegs, die Welt zu verstehen.
Man kennt es so.
Die Bildzeitung bringt eine Serie zum Thema Schlaf. „Das passiert bei zu wenig Schlaf“, ist die Überschrift. Von der Macht des Schlafs ist die Rede und dass viele sie unterschätzen. Es ist anzunehmen, eine Reihe von Erkrankungen werden auf Schlafmangel zurückgeführt? Genauso könnte man sagen, dass eine Menge Krankheiten das Symptom Schlafmangel verursachen. Das nützt nur dem, der so etwas sagt. Wer’s glaubt, kann bald die unzähligen Pillen probieren, die ebenfalls vor acht angepriesen werden. Ein „Pflaster“ für den Darm, gäbe es, wird behauptet, „Neurex-Soundso“ fürs Schlafen wird empfohlen oder „Harnstopp-Sonstwas“ fürs Nachts-Nichtpissen und mehr davon. „Zefa-Gefasel“ für neurotische Weiber und Salben für rheumathische Senioren, dazu Ginko zum Erinnern, was man einkaufen wollte? Das ist unsere Konsumgesellschaft. Sie zeitigt unendlich viele Zivilisationskrankheiten.
Mir hat vor Jahren ein Chi-Gong-Lehrer gesagt, meine Migräne käme vom Magen. Bald wurde ich von ihm auch einige Male mit chinesischer Medizin, Akupunktur behandelt. Das hat gar nichts verändert. Im Gruppengeschehen mit jungen Schülerinnen und Schülern wie mir (damals) zeigte der (kaum ältere) Kursleiter uns die Macht des Chi. Er formte seine Hand zur Zeigefinger-Pose, wie man die Pistole imitiert. Damit wies er erst bei sich, um es vorzumachen, und dann bei anderen von uns auf die Handinnenfläche der fremden Hand. Da blieb ein kleiner Abstand der Fingerspitze zum gegenüberliegenden Handteller. Trotzdem fühlten wir, die einen mehr, die anderen weniger überzeugt, eine Art Berührung. Das gab den scheinbaren Strahl einer mysteriösen Energie, die eine punktuelle Empfindung in der hingehaltenen Hand erzeugte. Damit konnte dieser sympathische Mann Eindruck machen, uns das zu zeigen, auch bei den Mädchen im Kurs. Das zu begreifen, hilft mir heute mehr als irgendwelche Nadeln (die vermeintliche Spiritualität, dieser ganze Teetrinker-Blödsinn der gruppenweise sich versammelnden Auf-einem-Bein-Steher).
# Die Medizin spricht ihre eigene Sprache
Die vielen Bezeichnungen von Krankheiten nützen dem Arzt. Dem Kranken helfen diese Worte wenig. Im Bereich der „richtigen“ Krankheiten erzielt der Internist oder auch ein Chirurg gute Ergebnisse. Heilung heißt in solchen Fällen, die Struktur direkt zu korrigieren. Bei psychischen Erkrankungen muss die Funktionalität im Alltag verbessert werden, das Verhalten. Das erreicht ein Helfer nur, der auch weiß, dass gerade dies möglich gemacht werden muss. Da wachsen keine Knochen zusammen, und dann ist jemand heil. Bei psychischen Erkrankungen gibt es kein Virus, das behandelt wird, bis es nicht mehr im Körper nachweisbar ist oder eine bakterielle Verunreinigung, die weg muss, einen Tumor, den wir zerstören. Dem Psychiater steht nicht die Operation eines falsch arbeitenden Gehirns zur Verfügung als eine Möglichkeit, jemanden direkt „zu heilen“. Wir müssen hinnehmen, die Wege des Erkrankten zu analysieren, die dieser beknackterweise einschlägt (zum Schaden seiner Person und anderer), können anschließend probieren, sein Verhalten zu korrigieren. Manchmal gelingt es. Man redet. Viel mehr ist’s ja oft nicht, dazu Pillen schlucken. Bitter, wenn Gewalt im Spiel ist. Die möchten wir als Gesellschaft verhindern. Die psychiatrischen Gutachten bei Tätern etwa, deren zukünftige Verbringung entschieden werden muss, bleibt das Lesen von Kaffeesatz, der Blick in die Glaskugel, wie man es auch nennt.
Psychiatrische Erkrankungen sind von zwei Polen dominiert. Es gibt Überreaktionen und Erschöpfung andererseits. Die Vernachlässigung der eigenen Belange geschieht durch zwanghafte Anpassung an die Umgebung. Daraus resultieren vielfältige Krankheitsbilder. Ginge man dazu über, soziale Störungen als die Psyche wie Physis gleichermaßen betreffende Probleme anzusehen, wären wir weiter. Behandlungen sollten auf die Intelligenz der Betroffenen bauen und fragen, wie nötige Klugheit wiederbelebt werden könnte bei den Kranken. Die Annahme, dass der eigentliche Störenfried die Gesellschaft selbst ist, die ihre Kranken erschafft durch Anforderungen, denen manche nicht gewachsen sind, die dann ein Trauma erleben, spricht schon aus der Diagnose „Anpassungsstörung“. Das Wort selbst ist ein Stempel, der erdrückend erfahren werden kann. Es bedeutet, ein Stigma zu erleben.
Ist man erst einmal krank gewesen, geht es weiter. Die anderen stören weiter. Sie lassen uns nicht selbstbestimmt leben. Sie wollen helfen, ob wir das wollen oder nicht. Immer wenn wir nervös werden, setzen diese besseren Menschen noch einen drauf. Man gilt als auffällig und soll es bleiben. Die Umgebung schaut extra hin. Das lenkt von eigenen Problemen ab, wenn man die Nöte anderer sichtbar macht. Schafft einer wie ich, längere Zeit die Ruhe zu bewahren, ist das Folgende einfach unglaublich. Niemand ruft an. Es kommen keine E-Mails außer Spam. Wer kein WhatsApp macht, Facebook oder Insta, was weiß ich, wie’s alles heißt, wo immer ganze Gruppen in Rudeln sich gegenseitig bestätigen, ist einer so was von weg. Dabei kommt raus, eine Erfahrung: Wenn ich selbst etwas möchte, stellt sich jede Anfrage anderswo als langwieriges Geduldsspiel heraus. Umgekehrt bedeutet alle Lobudelei, die vielleicht im Postfach eintrudelt, dass das Gegenüber etwas hauptsächlich für sich erreichen will. Die netten Phrasen sind stets Phishing. Ich werde immer angelogen so gesehen, ausgebremst. Nie hilft ein Engel, ein Gott oder sonst wer uneigennützig. Man muss alles selbst anschieben. Noch nie sagte mir jemand etwas konkret Reflexives zu meinem Befinden, wie ich selbst es spüre, hier kommuniziere. Menschen lesen nicht, was andere schreiben. Sie lesen, was sie rauslesen wollen. Sie hören nicht zu. Das ist ganz normal.
Man kann es so machen und lebt besser anschließend.
Arbeit ist Arbeit, aber Leistung ist Arbeit in Relation zur Zeitspanne, in der diese Tätigkeit erbracht wurde. Eine Maschine hat ihr Tempo, das sie erbringen kann und ein Mensch hat individuell seines. Der Bediener einer Maschine muss darauf achten, dass ein Motor nicht heiß läuft. Ein Mensch muss auf sich selbst achtgeben, wie viel er bereit ist einzusetzen für seinen Erfolg, seine Bedürfnisse. Das zeigt wieder die untrennbare Einheit des Menschen, er ist sein eigener Bediener. Ein Mensch macht durch Fehlentscheidungen seinen funktionalen Apparat kaputt. Das ganze System Mensch ist betroffen bei psychischen Störungen, und der ganze Mensch könnte korrigiert werden durchs Begreifen, dass man genauso an den Füßen beginnen kann, wie auch an der Chemie im Kopf herumzudoktern. Solange wir das Gehirn eines psychisch Kranken nicht direkt in Ordnung bringen können, ist das Haltungsbild zu verbessern ein absolut vielversprechender Ansatz. Psychopharmaka können das Gehirn niemals so effektiv optimieren, wie uns das die Hersteller dieser Mittel weismachen. Die nötige Dosis Dopamin etwa, die flüssiges und gesundes Funktionieren im Kopf bedeutet, ist immer variabel, der Situation entsprechend, die spontan geschehen kann.
# Medikamente nehmen vs Erfahrungen machen
Man kann keine „Erhaltungsdosis“ geben, den Patienten „einstellen“. Das ist vollkommender Quatsch. So spricht der Arzt, der einer sein will. Das ist wie der Staatsanwalt, Kommissar, der erzwingen möchte, dass das Gericht seine Version der Geschichte glaubt. Unser Erleben als Patient ist mehr als jeder Plot.
Wir fühlen.
Leistung erbringen, von der einer fälschlicherweise annimmt, diese würde wie angenommen erwartet, kann sowohl erschöpfen wie auch zu neurotischer Überreaktion führen. Und danach zu trachten, eine solche Neurose in jedem Fall effektiv vor anderen zu verbergen, dürfte eine weitere Vielzahl von Erkrankungen erklären, die alle der hilflose Versuch sind, Angst zu kaschieren. Ärzte aber werden sich hüten, das Ausleben von Angst bei ihren Patienten zu befürworten. Ein neuerlicher Schub der dem Patienten typischen Reaktion dürfte wahrscheinlich sein. Also geht man in die gegenteilige Richtung und tüncht die Probleme im Lebensgemälde der Armen einfach über mit dem Medikament.
Mich erschöpft meine Selbsterforschung nachhaltig. Ich habe bereits Überreaktionen gebracht, die einige schockieren. Ich genieße, mich zu erholen. Wie das geht, habe ich gelernt, das meiste davon aus Büchern. Lesen hilft, schreiben nützt. Malen ist meins. Es hat sich gezeigt, dass das viele, kreative Probieren, was ich mit mir anstelle, erlaubt ist zu tun (im modernen Deutschland). Das ist ein Fortschritt. Fatalismus kennzeichnet meine Einstellung, die immer miteinbezieht zu gehen, wenn’s nicht mehr auszuhalten ist oder Hilfe anzunehmen. So frei ist unser Wille gar nicht! Da mache sich niemand was vor. Wer mit großer Klappe richten möchte und erklärt, was alles hier solle auf Erden, dürfte gelegentlich feststellen, wie es anders kommt. Ich bin bereit, meine Existenz anzunehmen und erfahre jeden Tag, dass diese Haltung besser ist.
# Papier ist geduldig und solche Sachen
„Die Karte ist nicht das Land“, heißt es ja.
Nun, ich habe unzählige Info-Karten gezeichnet für Verlage, navigierte mein kleines Boot schon nach mancher Seekarte, kenne das Metier. Ich nutze Abbildungen überhaupt für vieles, male, bin im Bild sozusagen auch selbst unterwegs. Einige hielten oder halten mich noch für verrückt? Sie sollten sich korrigieren. Ich konnte ein ganzes Dorf ein ganz klein wenig verrücken auf ihrer Karte, nach der sie hier leben.
Manche haben das auch gemerkt.
🙂