Kein Egoist deswegen
Menschen interessieren sich nicht für andere, überhaupt nicht, sie tun das gar nicht, auch wenn sie’s von sich behaupten. Es sind ja nicht alle Egoisten, bloß weil sie sich um ihren Kram kümmern, aber jeder geht vollständig von sich aus. Man fühlt schließlich mit dem eigenen Leib. Das zu sagen, sind weder Verdrehungen noch Binsenweisheiten. Wäre es so, gäbe es nicht die massiven Probleme, die ich lösen musste, und die ich heute bei vielen anderen ebenfalls sehe. Es sind Menschen, die ihre Schwierigkeiten typischerweise bagatellisieren. Ich habe gelernt, es gibt nur subjektive Bedürfnisse, Wünsche und Pflichten. Ein Egoist oder Narzisst sorgt ja nicht gut für sich, niemand mag diese Leute. Diejenigen, die wir gern aufsuchen, passen schon auf, sich entsprechend zu verhalten. Angenehme Menschen haben etwas für sich gefunden, bringen ihre Person entsprechend ein. Beiderseitiger Gewinn enthält die Grundbedingung der Selbstliebe. Kluge Zeitgenossen sind nicht zwanghaft nett. Begehrte Menschen handeln weder egoistisch noch schleimen sie sich ein. Selbstaufgabe ist nicht empfehlenswert, weil das eine vernünftige Forderung wäre, unbedingt dem Team zu nützen. Andauernd hilfsbereit zu sein, weil sich’s gehört und mehr davon nervt alle.
Wir mögen welche, die sich nicht vergewaltigen im ständigen Krampf. Da ist ein Problem, das manche mit der Sprache haben. Sie nutzen die typischen Ratschläge auf paradoxe Weise, handeln genau genommen gegen sich selbst. Das sind Leute, die sich mit den bekannten Forderungen das eigene Weltbild so hin drehen, dass ein dauerhaftes Missverständnis dabei herauskommt. Und damit belehren sie uns alle ständig. Ich habe das an mir selbst erlebt und lange gebraucht, mich zu ändern. Deswegen schreibe ich auf eine leere Seite viele Worte. Ich tobe mich aus. In einer Gruppe ginge ich den anderen auf die Nerven. Der Mensch ist sein eigenes Lernfeld, wenn er sich annehmen kann.
Niemand lebt ohne Beziehungen. Mit wem man sich lieber umgibt, also zu merken, wo gegenseitige Zuneigung tatsächlich besteht, ist nicht immer einfach. Das habe ich erfahren und suche mir heute genau aus, dabei zu sein oder mich anderweitig zu beschäftigen. Es bleiben weniger Freunde nach, wenn man prüft, ob man ihnen eigentlich nachläuft oder von selbst was von den anderen kommt. Leider sind da auch einige, die sich als Schmarotzer entlarven beim genaueren Hinsehen. Die verarschen naive Menschen. Gutgläubigkeit ist schwer loszuwerden. Erfahrungen aufzuschreiben befriedigt. Ich möchte meine Gedanken lesen und finde dieses Thema.
Wenn wir helfen, heißt Empathie nichts anderes, als unsere Befindlichkeiten einzubringen, die eine Situation anregt. Konzertbesucher lieben nicht den Star auf der Bühne, selbst wenn sie das von sich glauben, um etwa dem Musiker einen Gefallen zu tun. Sie gehen hin, weil ihnen die Musik gefällt, ein Rhythmus aufkommt, der sie zum Tanzen anregt, Gefühle auslöst und ihnen soziales Erleben passiert, sie dabei sind, andere es mitbekommen. Die Leute im Club möchten konsumieren, selbst was haben, nicht zu viel dafür geben. Eine teure Eintrittskarte bezahlen sie nur gern, wenn das bei Freunden gut ankommt und sie selbst eine Aufwertung erfahren, nicht etwa der weltberühmte Musikant. Schauen wir uns ein Fußballspiel an, dann jedenfalls nicht wegen der Mannschaft oder besonderer Spieler, deren Fan wir vorgeben zu sein. Wir mögen das Gefühl, das sich bei uns einstellt beim Zuschauen. Jeder denkt nach der individuellen Art und Gewohnheit, die sich bei ihm, dem besonderen Individuum entsprechend etablieren konnte. Wir können nicht objektiv sein, selbst wenn wir das probieren. Was den Menschen angeht, treibt ihn an und um. Man wird krank, wenn man’s nicht begreift. Wer psychisch erkrankt, ist darauf hereingefallen, dass die Welt ihr Sozialsein auf eine Weise einfordert, wie es das wörtlich genommen nie gegeben hat und auch nie geben kann.
# Talent
Ein Talent wird manchen Kindern zugeschrieben, und bei mir ist es so gewesen mit dem Zeichnen. Die Zuneigung meiner Eltern bei dieser Sache war: „Wir haben ein besonderes Kind.“ Sie hatten den scheinbar größeren Zugewinn, weil ich nicht nur so da war. Man präsentierte mich. Das verdreht die Wahrnehmung beim späteren Jugendlichen, wenn nicht behutsam gegengesteuert wird. Damit ein Talent zum Beruf wird oder bewusst als Hobby geschätzt werden kann, sind einige pragmatische Ansätze nötig. Die Beschäftigung mit den ästhetischen Möglichkeiten einer Kunst kann jemand nur zum eigenen Spiel machen, wenn es dem Schaffenden gelingt, diese Ausdrucksform zu verordnen, wo sie hingehört. Um ein Meinungsbilder und Künstler zu sein, muss man sich der Gesellschaft stellen. Dann bedeutet jede so berufene Beziehung, dass die Partner mitgehen müssen und selbst Gewinne daraus ziehen, dass man malt.
Es ist verrückt, aber dauerndes Scheitern als Künstler brachte mich letztlich nach ganz vorn. Wo der eigene Platz ist, darf man sich nicht von anderen zuweisen lassen. Es stimmt schon, ich versagte, nutzbringend zu begreifen, wie man es anstellt, sich kreativ in der Gesellschaft zu profilieren. Daraus erwächst mir heute ungeahnte Souveränität, die eigene Bildsprache, eine eigene Meinung und das nötige Selbstvertrauen, diese gegebenenfalls kundzutun. Ich katapultierte mich ins allgemeine Nirwana, kann aber gerade deswegen meinen persönlichen Dachschaden verstehen! Das hilft, den besonderen Blick auf das Ganze zu schärfen. Andere haben ebenfalls Probleme. Ich sehe, was getan werden könnte. Das verläuft nicht selten diametral zum Üblichen. Ein persönliches Beispiel draufzuhaben, das nicht anerkannt wird, stärkt noch extra. Die Masse als dumm, aggressiv und trottende Herde sehen zu können, Menschen mit mannigfaltigen Erfahrungen konfrontieren, die diese weder interessieren, noch wahrhaben wollen, belustigt.
Ich habe Rückschläge hingenommen. Meine Meinungsbildung rief keine Bewunderer auf den Plan. Mein Gemochtwerdenwollen ergab das Gegenteil davon. Kein von mir begehrtes Mädchen, dem ich unterstellte, sie besonders müsste begreifen, wie talentiert ich wäre, liebte mich deswegen. Ich fand weder Freunde, die meine Kunst begeistert, noch ein Ohr der Gesellschaft. Da sind keine Menschen, die sich für die speziellen Thesen interessieren, die mir wichtig sind. Das alles konnte ich zum persönlichen Vorteil drehen und bin selbst erstaunt drüber.
Das Gegenteil von meiner Intention passierte. Ich wollte mitgestalten. Es rief Gegner auf den Plan, die unser Haus ausgespäht haben oder das noch heute tun. Diese Leute begeistern sich an meiner Naivität. Sie beschäftigen sich mit mir, meiner Kunst, und ich habe nur Ärger deswegen. Falls es die Polizei ist, das weiß ich ja nicht, so gebiert es denen bei der Kripo verschiedene Arbeitsfelder. Man könnte sexualisierte Straftaten probieren aufzudecken oder vorgeben, sie künftig zu verhindern, und Psychologen könnten mein Tun manipulieren? Solche dürften beiläufig Kontakt suchen. Man handelt entsprechend einer mutwillig inszenierten und aggressiven Hypothese. Es geht nicht mehr nur darum, Verbrechen aufzuklären, die bereits geschehen sind. Die moderne Strafverfolgung hat eine zusätzliche Variante drauf. Man behauptet, Unheil von der Gesellschaft abzuwenden, weil zukünftige Taten verhindert würden durch Observieren von in Frage kommenden Personen. Die digitale Kommunikation zu beeinflussen, bedeutet vielfältige Steuerungsmöglichkeiten. Das macht denen Spaß, die es draufhaben. Das salonfähige Arschloch lauscht professionell und heißt „verdeckter Ermittler“. Möchte man Dinge tun, die bei uns nicht legitim wären oder juristisch nötige Wege abkürzen, Bürokratie und entsprechende Hürden umgehen, nennt man solche Mäuschen „ein ausländischer Geheimdienst“. Die Ortung einer sogenannten Zielperson, um Situationen, Begegnungen hinzubekommen, begeistert Idioten wie Polizisten gleichermaßen. Man beobachtet. Man provoziert, um die Gewaltbereitschaft zu messen. Spezielle Kräfte könnten mich, um selbst als Ordnungskraft zu glänzen, in Intervallen betreuen, ohne sich zu offenbaren, wer sie eigentlich sind?
Einige reden, andere nicht. Sie spielen eine Rolle, das merkt man. Den Mann, den ich „Sellerie“ nenne, treffe ich noch. Er schaut beiseite. Ein jüngerer Kollege ist an seine Seite gerückt, schaut beiseite. Man fällt um so mehr auf, wenn man besonders souverän wirken möchte. Doofe Menschen arbeiten für unsere allgemeine Sicherheit. (F. war immer herzlich. Den alten Polizisten schätzte ich, wie er mich. Der Mann war offen und durchaus korrekt). Nachgeblieben ums Eck sind farblose Wichtigtuer. Auch ein Herr O. und eine Frau D. gehen mir gehörig auf den Sack, kann ich sagen. Es waren schon reichlich Leute aktiv, die nicht mehr auftauchen. Ich habe gelegentlich davon erzählt, geschrieben. Die Ungeschickten dürften Ärger bekommen haben und halten sich zurück.
„Schön, wenn man sich auch mal zufällig trifft.“
Das zu sagen, ist wohl ein Patzer, nach dem sich eine auf die Zunge beißt? Das besondere Erleben mit scheinheiligen Personen hat mich üben lassen. Spitzel unterscheiden sich vom Bekannten, dem man nur so begegnet. Leute, die erkennbar etwas wollen, reden, als wäre das beiläufig. Sie wissen nicht, was sie falsch machen? Man kann diesen Menschen ihre grundsätzliche Dummheit, ihre Fehler, die sie bringen, um gerade nicht aufzufallen (als das was sie sind), nicht erklären. Sie verraten sich schon deswegen, weil sie regelmäßig angeschissen kommen und tun, als wäre das Zufall. Das übermäßige Zusammentreffen ginge noch an, wenn nicht das Gefühl aufkommen würde, man solle wie ein Kind bedrängt werden, dem die penetrante Tante was schenkt: „Das magst du doch!“
Ich mache mir so meine Gedanken. Ich bin kein Kind. Ich habe Rentner verhauen. Man könnte Radikalisierung und Gefährlichkeit bei mir annehmen? Entsprechend besteht der Wunsch nach Einflussnahme zum Zugewinn der entsprechenden Abteilung beim Staat, die sich mit so etwas beschäftigt:
„Wir haben ihn auf dem Schirm. Er fällt nicht unter das Radar. Wir prüfen seinen Zustand regelmäßig.“
# Ich habe Kafka gelesen
Rausgestoßen, statt Anerkennung zu erreichen, bin ich beim Gegenteil gelandet, die totale Ausnutzung meines Talents zum existentiellen Nachteil, und wenn das nicht mehr funktioniert, wird das Ergebnis absolute Unsichtbarkeit sein und hundertprozentiges Desinteresse. Während im Zusammenhang mit meinem Namen früher auf Google seitenweise Abbildungen und Einträge erschienen, kommt heutzutage fast nichts. Ich bin unbedeutend. Das passt nicht ins Bild, was ich mache. Oder steckt mehr dahinter? Jemand, der sich dieses Recht nimmt, eine Institution mit der dafür nötigen Macht, es durchzusetzen, könnte „Selbstgefährdung“ anführen. Meine Äußerungen gelten so gesehen nicht als kreative Lautmeldung, würden als verrücktes Zeug gewertet, gefährlich besonders für den, der sich so äußert. Die Suchmaschine deswegen zu kontaktieren, könnte das Bild des Paranoiden weiter beleben. Der Weltkonzern dürfte jede Anfrage formell abspeisen –, ausradiert.
Die Konsequenz ist, ich nehme es als den unergründlichen Teil der Welt hin. Es klappt mal so, mal so. Nicht leicht fällt mir zu denken, es ist natürliche Auslese, das ich nicht gesehen werde. Dafür müsste man hinnehmen, als Spinner zu gelten wie Troubadix, er kann bekanntlich nicht singen und ich – na gut. Ich schaffe es meistens und hasse den Staat nur stundenweise. Niemand will tatsächlich an meiner Seite gesehen werden, ist so unwahrscheinlich nicht. Eine Mischung aus Angst und Unverständnis dürfte die Basis der Normalität sein, die im Dorf herumläuft. Eine winzige Erfolgsgeschichte sind minimale Ausnahmen, Erlebnisse draußen. Fremde bezeugen mir gelegentlich so herzliches Gegenüber, dass da mehr sein muss als Gleichgültigkeit, Unbekanntheit. Es tut gut.
Die Lösung meiner emotionalen Probleme ist doch gelungen. Ich konnte die typischen Lügen der Welt als negative Erfahrung zum emotionalen Zugewinn drehen durch meine Meinungsbildung, meine Zeichnungen, meine Gemälde. Das Selbstbewusstsein ist nun durchschnittlich. Ich bin zufrieden. Ich arbeite an meinen Themen, male, was ich will. Aus meinem Leben – das so, wie es möglich gewesen wäre, gar nicht stattgefunden hat – konnte ich immerhin machen, was vielen sogenannten Normalen nie gelingt. Die gewonnene Erkenntnis ist, wie wenig die Anerkennung dem gibt, der diese Zuneigung erfährt, aber überproportional dem Lobenden selbst eine Bereicherung geschieht. Diese Paradoxie verstehen, zu erleben, dass das sogar gesund machen kann, ist wunderbar.
Man konnte mich ködern mit Zucker wie ein Zirkuspferd, mich ausnutzen. Das zu begreifen, macht krank, schließlich erfolgreich gewalttätig. Es steht mir zu, denke ich, Selbstjustiz zu üben. Damit habe ich mir Schatten eingefangen, die proaktiv provozieren, sich über mich erheben wollen, sonst was beweisen möchten zu ihrem Besten, und zu meinem Schaden.
Das sind Menschen.
# Vom Baby zum Erwachsenen
Wir lernen Anpassung. Ein Neuankömmling auf Erden, ein Baby passt sich an. Es nutzt seine kaum entwickelten Möglichkeiten. Schreien, bis Mama aus den Alternativen die richtige wählt:
„Hunger. Kratzt was. Mir ist kalt.“
Das ist gefühlte Allmacht.
Mit der Zeit werden diese Illusionen abgebaut. Man lernt zu sprechen, und Mama sagt schon mal nein. Das dürfte der Beginn unseres Denkens in Worten sein, und es kommt später zum Gebrauch der bereits angelegten Strukturen unseres Gehirns hinzu. Wir denken bereits, bevor wir zu sprechen lernen. Es entscheidet das Wie, ob die neue Methode, in Worten zu denken, uns zu einem gesunden Wesen heranreifen lässt. Wir sind als Baby bereits in der Lage, uns zu bewegen oder zu schlucken, führen ab. Das heißt, Muskeln zu gebrauchen.
Dafür koordiniert unser Gehirn bereits die Abläufe.
Erwachsene trainieren anders. Damals als Baby dachten wir wortlos und sollten lernen, diese Fähigkeit erneut zu bemerken, falls sie verschüttet ist. Wer am eigenen Leib nichts spürt, nur funktioniert, wie von den anderen gesagt, fühlt auch emotional nichts (oder jedenfalls wenig), obwohl er (oder sie) das von sich glaubt. Es fehlt schlicht der Vergleich zur möglichen Vielfalt menschlicher Gefühlswelt. Babys müssen ihrer Zeit folgen und werden Kleinkinder. Schließlich größer und jugendlich müssen sie ihr Verhalten wieder anpassen, dann erwachsen sein, das erwartet man. Wie wir anderen sollen sie zur Gesellschaft gehören mit entsprechend selbstständigen Lösungen im Konzept für ihre Probleme. Das Denken in Worten wird nach ersten Versuchen klarzukommen seinen Platz finden und zukünftig alles Handeln begleiten. Wie wir’s lernen, liebevoll oder aufgezwungen, dürfte uns beleben oder traumatisieren für lange Zeit. Die einen wissen nun, was Liebe ist, und die anderen werden es womöglich nie erfahren.
Bleibt noch, besser spät als nie zu begreifen, den eigenen Bedürfnissen auf die Schliche zu kommen. Das heißt aufhören, einer Vision vom Gemochtwerden nachzurennen und dem Zorn anheimzufallen, wenn es wieder nicht klappte. Es gibt Tipps und manchen Ratgeber, dem Irrgarten die Tür zu öffnen, in dem wir tappen. Ganz banal kommt dieser alte Rat gelegentlich daher. Entschleunigung ist so neu nicht als Gedanke. Ein schmutziger Lappen weht am Zaun unserer kleinen Kirche im Dorf. „Suche Frieden und jage ihm nach“, steht darauf. Das heißt wohl das. Renne nicht anderen hinterher, auch nicht Gott im Himmel.
Kümmre dich um deinen Kram, heißt es.
# Die absolute Sicherheit ist nicht erreichbar
Wir werden von morgens bis abends bequatscht. Es ist eine Motivation zum Jedermannpolizisten erkennbar. Das Ergebnis ist fatal und widersprüchlich. Wir kommunizieren alles, bewerten immer und überall. Das schafft ständig neue Probleme. Die Welt hat gelernt, Fehlern kausal nachzuspüren. Wir wissen, warum ein Flugzeug abstürzte. Wir klären auf, wer mordete. Vieles nageln wir fest auf sein böses Detail. Das bedeutet unseren Fortschritt. Dazu kommt das Vorausschauen. Wir denken die möglichen Fehler vorweg und möchten sie verhindern. Wir erkennen, dass Rauchen ungesund ist und Krebs auslöst. Im Versuch, das Rauchen insgesamt überall zu verbannen, gibt es ein zähes Ringen gegen die Realität, dass noch geraucht wird. Alkohol wird als krank machend erkannt. Während vor einigen Jahren noch kleinere Mengen als unschädlich eingestuft waren, hören wir Nichtwissenschaftler jetzt ständig dramatische Warnungen. Das Alkoholtrinken schade schon bei der geringsten Menge und müsste sofort vollständig beendet werden weltweit, fordern manche. Die Atomkraft soll bitte weg. Das Tierwohl müsste mehr beachtet werden. Wir alle sollten kein Fleisch mehr essen, sagen immer mehr Menschen. Die Natur sei gefährdet, das Klima kippe, heißt es, und wir werden angehalten, die Welt zu retten, wo’s geht! Müll müssen wir trennen, das gehört sich. Plastik ist jetzt bäh, und wer das noch nicht mitbekommen hat, soll bitte schnellstens mitmachen, es nicht mehr zu nutzen, verlangen entsprechend die Auskenner. Der Krieg muss aufhören, weil Gewaltverzicht die Lösung ist, heißt es, und deswegen rüsten wir ja auf, helfen den Guten zu schießen, damit das Böse endlich besiegt wird und den Planeten für immer verlässt. Menschen kämpfen dafür, dass alle Kämpfe enden. Die Medizin kämpft gegen die Krankheiten, den Tod. Bald werden die Menschen unsterblich sein? Wir sollten uns umfangreich impfen lassen gegen Covid, Influenza, Gürtelrose, Keuchhusten und mehr, sonst! Sonst kommt das. Wir erdenken Sicherheitskonzepte für Veranstaltungen. Wir erkennen Gefährder nach Möglichkeit und sagen ihnen, dass sie welche sind. Wir brandmarken das nicht korrekte Wort usw.
Schauen wir auf die Erfolge des vorausschauenden Wirkens, dürften die Realitäten enttäuschen. Es wird tatsächlich weniger traditionell gequarzt. Stattdessen sind jedoch neue Rauchweisen auf dem Vormarsch. Obwohl überall Ratgeber ausliegen, wie wir gesund leben könnten, ignorieren viele die Tipps. Freiwillige- wie Verbotslösungen kommen ja bei vielen Themen auf. Ein Böllerverbot wird gerade in die Diskussion eingebracht, nachdem es Silvester zu ungewöhnlich vielen Verletzungen kam. Es dürfte kaum umsetzbar sein. Eine junge Grüne meinte, wenn den jungen Männern eine Hand abgerissen würde, könnten sie damit wenigstens keine Frauen mehr schlagen. Gut gesprochen, denke ich, aber sie musste es löschen nach Shitstorm. Wir demolieren jede spontane Äusserung sofort und machen Ideengeber früh mundtot. Anschließend beklagen wir fade Fassadenpolitik. Die Sicherungen der Veranstaltungen haben Lücken, dass den Tätern weiter Amokfahrten gelingen. Die Gefährder werden erst richtig böse nach entsprechender Belehrung. Die Leute saufen weiter, wie sie rauchen, fett fressen. Auf der anderen Seite geben wir Cannabis in Teilen frei, und das erhöht den Konsum insgesamt, und die Polizei schlägt die Hände über dem Kopf zusammen, weil niemand die Lage kontrollieren kann. Widersprüchlicher geht’s kaum noch, was so an Lautmeldungen rauskommt und an der Realität vorbei geht.
Da kehre jeder vor der eigenen Tür.
🙂