
Gestörte, kleine Welt
„Herr Rossi sucht das Glück“, das lief im Fernsehen, als wir Kinder waren. Rossi ist ein unbedeutender Angestellter. Sein Chef, ein Ekel, wohnt nebenan, und Rossi will nur weg. Eine Fee schenkt ihm eine Trillerpfeife, mit deren Hilfe er durch Raum und Zeit reisen kann, damit er dort sein Glück finden möge, schreibt Wikipedia. Rossi ist immer unterwegs, trifft aber in allen Zeitepochen weiter auf den Widerling. Es gibt zahlreiche Probleme für den Reisenden mit seinem Hund Gaston. Zudem taucht der verhasste Chef in Gestalt eines römischen Kaisers, mittelalterlichen Königs, Piratenkapitäns, Indianerhäuptlings und schließlich eines galaktischen Ehrenbürgers auf. So kehren sie am Ende jeder Folge in ihren Alltag zurück, ohne dass Rossi sein Glück gefunden hätte. Was man tun kann, wenn man niemanden beeindruckt, gegängelt wird, vermeintlichen Freunden nachläuft, Fremde zu Hause eindringen, den Mac infizieren, man sich nicht zuletzt als Spielball der Politik erkennt? Das frage ich mich täglich. Es gibt mir meine Aufgabe. Machtlos zu sein, bedeutet das Glück im Machen finden zu müssen.
Ein Gefangener in seiner Zelle, der wenigstens einen Bleistift besitzt oder einen Stein, mit dem man Spuren auf einer Wand fabrizieren kann, so komme ich mir vor. So ein Ekel, dass mich täglich zu Fall bringt, scheint auch meine Existenz zu sabotieren. Im Gegensatz zum Herrn Rossi habe ich ein nicht identifizierbares Chamäleon gegenüber, dass ich unsicher bleibe, wer das ist? Ich schlage die Flügel von Windmühlen wie Don Quijote und habe zu tun. Die, die immer gewinnen, weil sie anonym Spaß haben, aus der Deckung in unser Leben eingreifen, bleiben unfassbar. Meine Lösung ist die eines Pferdes auf der Weide, das die Mücken ertragen muss. Mit dem Schwanz wedeln, ist das eine und einen kurzen Lauf starten das nächste, hilflose Manöver, das dem Gaul bleibt. Die anderen Menschen mögen genauso empfinden, aber ich habe der Masse was voraus, das neidisch machen dürfte: Ich kann Kunst. Die normalen Leute möchten nicht einsam sein. Sie wollen liken und geliked werden. Deswegen machen sie weiter, ihre Tretmühlen zu treten. Sie sind modern, kennen den Zeitgeist. Ich beobachte das.
Wenn das gewohnte oder erhoffte Lebensgefühl empfindlich gestört ist durch mehr als ein banales Unwohlsein, begibt sich der moderne Mensch in eine Praxis. Er wünscht die Behandlung seines Leidens. Die Erwartungen sind oft hoch, wenn jemand den Arzt aufsucht. Das hält auch manche Enttäuschung bereit. Was man habe, möchten Hilfesuchende wissen? Sie sehen sich vom irgendwie Fremden angegriffen. Ein Feind ist im Leib, und wie heißt der?
Bei Schnupfen, Beinbruch, Grippe oder Krebs scheint die Sache klar, die nötige Herangehensweise erprobt, aber im Grenzbereich etwa psychosomatischer Beschwerden bleiben viele Fragen offen nach der ersten Einschätzung durch den Spezialisten. Mit einer Diagnose ist dem Patienten noch nicht wirklich geholfen. Besonders im Bereich der psychischen Erkrankungen bedeutet so ein Etikett recht wenig und nützt zunächst dem Arzt zur Rechtfertigung seiner Methoden entsprechend der Richtlinie einer Fakultät.
Heutzutage wird in den Medien bei psychischen Erkrankungen gern von einer Störung gesprochen, die jemand habe. Die Soundso-Störung ist unter ihrem Überbegriff eine jeweils besondere Bewertung der Psychiatrie. Das gibt dem Arzt sein Werkzeug. Diese Erkrankungen sind erst durch ihre Definition zu erkennen, während beispielsweise ein Tumor seine Wirklichkeit schon im MRT nicht verbergen kann. Gern kommt der Chirurg zum Patienten, weil logisch erscheint, das Böse einfach wegzuschneiden.
In unserer sozial eng vernetzten Welt ist zu stören nicht nur problematisch für denjenigen, der nicht fließend mitmacht, sondern auch für sein Umfeld. Die Umgebung möchte voran machen. Gibt es Probleme im Team, wird dieses mindestens genauso gern den Störenfried ersetzen, wie ihm zu helfen, dass dieser seinen Platz nach einer Unterbrechung wieder einnehmen kann. Was man selbst tun kann, ist also die wichtigste Frage, die sich jeder Patient stellen muss. In der Regel ist es ja sein Verhalten, dass ihn in die Lage bringt, als krank behandelt zu werden. Das ruft die Semantik auf den Plan, ob man die Erkrankung hat oder doch eher krank ist durch das eigene Falschmachen? Sieht man es so, ergeben sich zum einen viele Aufgaben für den Betroffenen, und auf der anderen Seite steht die ernüchternde Erkenntnis, dass manche Helfer nur bedingt welche sind. Ganz wörtlich: Lässt man sich auf den Arzt ein, bestimmt dieser künftig die Bedingungen unserer Existenz.
Eine zwanghafte Fehlanpassung kennzeichnet uns, wenn wir psychisch krank werden. Zwanghaft, weil wir uns nicht mal eben ändern können, und fehlgeleitet gehen wir durch das Leben, weil wir den Fehler nicht bemerken. Dazu kommt, dass die anderen uns die jeweilige Macke zuweisen. Insofern ist der Fehler unserer Anpassung einer, den andere als solchen festlegen. Das wird deutlich, wenn eine aggressive Komponente Teil unserer Probleme ist. Wer die Leute verhaut, findet darin seine Form, Gefühle auszuleben und empfindet diese Anpassung an die Umgebung nicht als falsch. Er gilt auch nicht als gestört, wenn er vom Gericht als schuldfähig angesehen wird. Dann ist man einfach Straftäter und bezahlt für die Dummheit, sich erwischen zu lassen. Stellt das Gericht aber eine krankhafte Schuldunfähigkeit fest, bewertet der Arzt, derjenige sei fehlangepasst. Der Patient hat scheinbar eine Lösung für seinen Zorn. Insofern ist es seine zu ihm passende Form der Integration. Er schlägt immer zu, wenn ihm der Kragen platzt. Der Arzt bekommt ihn als Fall, weil dieser Mensch reflexartig und ohne erkennbaren Vorteil handelt. Da muss er krank sein, nimmt man an? Wer nicht merkt, dumm zu sein, mit dem stimmt was nicht, scheint uns das Kriterium zu geben und ein Arbeitsfeld.
Ohne jetzt ins Detail zu gehen, könnte man folgern, wüsste jemand um sein blödsinniges Gebaren, gäbe das einen grundlegenden Ansatz für eine intelligente Lösung. Ein so gesehen Dummer bliebe einer, müsste mit sich leben entsprechend der Definition, nichts dafür zu können, aber ein Kranker könnte zu denken lernen. Nun beinhaltet eine psychische Erkrankung die Schwierigkeit, dass verbalisierte Hilfe nur bedingt zielführend ist. Sagt man so jemandem, was dieser tun müsste, und der antwortet treuherzig: „Ja, das verstehe ich“, heißt das wenig. Aggressives Verhalten eines Gegenüber kann nicht einfach durch Belehrungen geändert werden. Das wissen Therapeuten scheinbar nicht? Anders ist nicht zu erklären, warum sie damit fortfahren, mit solchen Patienten zu reden, nach einiger Zeit mit einem Gutachten ihren Erfolg als Arzt festhalten, die Zügel lockern, die sie dem psychisch kranken Gewalttäter auferlegten. Man behandelt den gefährlichen Menschen, als den man meint, ihn zu erkennen, nach dem üblichen Schema und fällt immer wieder herein. Er sei wieder gewalttätig geworden, heißt es dann oft resigniert. Man sieht sich erneut vor Gericht. „Wir haben es dir doch gesagt“, dürfte (als Reaktion) kaum verbergen, dass solche Behandler (noch) dümmer sind als ihre Patienten.
Wer überreagiert, sei reizbarer als andere, ist die naheliegende Schlussfolgerung. Eine Störung habe demzufolge einer, der sich stören lässt, wo andere gemäßigt reagieren. Die Behandlung möchte den Betroffenen gelassener machen und seine Erregung dämpfen. Diese Theorie geht von Überempfindlichkeit aus. Die darauf ausgerichtete Therapie macht nur Sinn, wenn das stimmt. Wer so denkt, möchte auf keinen Fall, dass ein psychisch Kranker noch mehr merkt als ohnehin schon. Das etwas wahrnehmen nicht dasselbe ist, wie ganz bestimmte Dinge zu spüren, wird übersehen. Man könnte die typische Behandlung mit Breitbandantibiotika vergleichen, das bekanntermaßen schadet, wenn es ohne Not verschrieben wird.
Das kann man dem Arzt nicht plausibel verdeutlichen, er lebt von Standards, aber ein Hinweis für Betroffene ist allemal: Selbst Dinge zu regeln, heißt nicht, den Verstand abschalten.
# Einige Gedanken zum Thema
Als kreativer Mensch sind meine Reflexionen untypisch. Das habe ich erst lernen müssen, dass es einen Mainstream gibt und ich nicht dazugehöre. Man kann als spießig angesehen sein und ist doch ein Querkopf, weil das alles Bewertungen sind. Jetzt, wo ich hier sitze und schreibe, ist die Welt in Aufruhr. Heute ist Bundestagswahl, in Amerika wirbelt Donald Trump durch alle Register der Macht, und in Israel werden täglich Geiseln mit der Hamas getauscht. Inzwischen kommen einige der Verschleppten nur tot nach Hause. Die Empörung war vor wenigen Tagen groß, als eine Frauenleiche im Sarg sich nicht als die Entführte erwies. Es handelte sich um eine andere tote Frau als die Mutter zweier Kinder, die ebenfalls tot übergeben worden waren. Die Kinder waren mutmaßlich die von der Hamas getöteten. Die Leiche der Mutter aber ergab nach Obduktion die Überreste einer anderen Frau. Die Hamas beeilte sich, nachdem man erklärt hatte, die Israelis selbst hätten den Tod einer ganzen Reihe von Menschen durch einen Luftangriff verschuldet, die richtige Leiche zu übergeben. Man habe da versehentlich was vertauscht. Der Horror für die Hinterbliebenen nach diesem Gezerre und der kurz auflebenden Hoffnung, die Vermisste könne noch am Leben sein, ist nachvollziehbar: Die schlimmste, vorstellbare Qual. Die allgemeine Empörung über diesen Hohn und Terror scheint genauso verständlich.
Nicht ein einziges Mal wurde in den Medien der Tod dieser (der Weltgemeinschaft) fremden Person, die zuerst im Sarg lag, betrauert. Wir werden nie erfahren, wer um sie weint, sie vermisst, wie sie heißt. Die Leiche einer Unbekannten, eine Frau aus dem Gazastreifen sei das, sagt man lapidar; im Krieg sterben Menschen.
# Mediale Bewertung vs. individuelle Realität
Man wird mir diese Bemerkungen und auch den folgenden Gedankensprung nicht verzeihen, aber mir fällt ein, wie ich schon einmal daneben lag und das nicht begriff. Das werde ich hier erzählen. Es macht schon Sinn, dafür müssen aber einige Absätze vorangestellt hingeschrieben werden, und nicht viele werden mir folgen.
Sei’s drum: K. und ich hatten S. in der Charité besucht. Das war kurz nach dem Mauerfall. Unser Segelfreund war schwer an Krebs erkrankt und hatte sich einer großen Operation in Berlin unterzogen. Ich hatte bereits den Führerschein und ein eigenes Auto, und so waren wir losgefahren und nur ungefähr im Bilde, wo dieses Berlin und seine Charité wohl wären. K. probierte, den riesigen Falk-Plan zu entfalten, die Hinweise zielführend zu lesen. Sie schaute auf unseren Übersegler, und ich sah auf die Schilder seitlich der Fahrbahn. Es gab noch keine Navigationsgeräte, und wir sind recht unbedarft an alles rangegangen.
Ich sollte hier mal abschweifen, erzählen; das Auto hatte durchaus schon Kopfstützen, Anschnallgurte, die neue Zeit hatte begonnen, ja – aber die Zigaretten etwa waren noch hübsch verpackt und wurden vielerorts beworben, plakatiert. Ich rauchte Prince, das machte man damals. Dergleichen sollte man anmerken für die jungen Leserinnen und Leser, die das so nicht wissen können, wie wir lebten und nicht ahnen dürften, wie sich das anfühlte. Es gab kein Internet. Wir telefonierten zu Hause im Festnetz und suchten ansonsten nach einer Telefonzelle draußen, wenn es nötig war.
K. und ich, wir verfuhren uns kollossal in einer Gegend, die irgendwas mit Wittstock am Schild zeigte und benötigten eine Weile, zurück auf die Autobahn zu finden. Dann waren wir bei unserem Freund im Krankenhaus. S. war fröhlich im Bademantel nach überstandener Operation. Er ist nur wenige Jahre danach gestorben und war damit einer der ersten so jungen Menschen wie ich selbst, die inzwischen verstorben sind. H. ist tot. Er war mit mir in der Schulklasse. U. ist tot, der hatte die Jolle von M. gekauft, das Schwesterschiff von meinem Boot. Inzwischen sind noch weitere Menschen aus meinem Jahrgang verstorben, von denen ich weiß. Ältere sind reihenweise nicht mehr am Leben, nicht zuletzt meine Eltern sind dabei, in einer Liste mit mir bekannten und vertrauten Menschen, die fehlen.
Nachdem wir unserem Freund noch bis zum Abendbrot Gesellschaft geleistet hatten, machten wir wenige spontane Erkundungsbewegungen im sommerlichen Berlin. Wir kannten die Hauptstadt nicht. Meine Oma hatte eine Freundin in der Ostzone, wie sie es nannte, aber die besuchte uns, und das war schwierig genug. Meine Oma war bereits gestorben, als K. und ich diesen kurzen Besuch in den Osten wagten, es gehört also nicht zur Sache. Das erzähle ich nur, um das Gesagte weiter zu illustrieren. Menschen sterben. Tiere werden gestorben vom Menschen, könnte man sagen, und das kommt jetzt.
Als wir wieder über die Autobahn rasten, Blankenese und Wedel zum Ziel nahmen, war es inzwischen dunkel. Wir passierten Wittstock ohne Fehler. Es entspann sich bald ein lebhaftes Streitgespräch. K. war im Begriff, mit einem Meeresbiologiestudium anzufangen, und gerade kam ein wichtiges Thema auf, man dürfte anständigerweise keinen Thunfisch mehr essen. Das Problem wäre der Beifang in der professionellen Fischerei. Es war bekannt geworden, neben den Thunfischen fingen die Fabrikschiffe zunehmend zufällig nebenbei Delfine, die jämmerlich ertrinken würden und beiläufig sterben müssten für unseren Hunger auf Fisch. Deswegen boykottierte jeder, der etwas auf sich hielt, Thunfisch, etwa so, wie die Leute heutzutage gegen Rechts demonstrieren. Es sind Moden. Das darf man ja gar nicht sagen. Diese Haltung vertrat ich auch damals im Auto, und da hatten wir Streit. Auch erinnere ich, eine Zeit lang tankte man nicht bei Shell. Da war irgendwo Ölpest gewesen, und dieser Konzern galt als böse, wegen seiner Haltung zur Katastrophe anschließend. Die Entschuldigungen und Entschädigungen waren den Leuten ungenügend. Jemand muss Schuld haben! Heute sind andere Themen wichtig, so ist das eben. Mir fiel eine atypische, aber für K. absurde Argumentation ein, das weiß ich noch. Ich fing an, die massenhaft getöteten Schweine unserer normalen Ernährungsindustrie den toten Delfinen gegenzurechen. Ich befand, so ein Schwein oder Rind lebe ja nur als Nahrung für den Menschen. Ein solches Zuchttier sei von Beginn seines Lebens an dazu bestimmt, von uns gegessen zu werden. K. war nur perplex und böse: „Ja, willst du denn Delfine essen?“ Wir kamen nie zu Potte mit diesem Krieg der Worte. Ich wollte deutlich machen, dass Pferde geritten werden, Kühe hingegen gegessen und dass das alles bloß Konventionen seien. Hunde gelten in China als Lebensmittel zum Essen, bei uns geht man Gassi mit ihnen und empört sich über die Asiaten, auch das sagte ich. Dann fing ich mit dem Walfang an, hatte Moby Dick gelesen und meinte, zu gern mal ein Steak wie Taschtego essen zu wollen. Ich bin nicht der Richtige für K. gewesen, und das ist auch eine Wahrheit dieser Geschichte.
Es gäbe mehrere Wahrheiten, heißt es, und darum geht es mir. Das eine ist das, was Popper die erste Welt nennt, mein roter Passat etwa mit dem K. und ich fuhren, das war ein Auto, man konnte es anfassen. Die zweite Welt wäre so gesehen die der Argumentation, eine wesentliche Realität, die unser aller Dasein schließlich erst durch die dritte, denkbare Welt bestimmt, eine Realität der Möglichkeiten, die, so Popper, durch die Überlegungen zweiter Realität eine Basis findet. Würden wir nicht reden und bewerten, Regeln aufstellen, Schuld erkennen und so weiter, könnten wir keine Anwendungen unseres Denkens erleben, Theorien entwickeln, und insofern gestaltet sich unser menschliches Dasein auf drei Standbeinen. Die Menschen haben in der schlechten Zeit nach dem Krieg auch Pferde gegessen. Andere Länder bevorzugen ggf. andere Gewohnheiten. Nicht selten ist die Realität paradox.
Die erste Realität im Sinne von Karl Popper trägt heute unsere Spuren an beinahe jedem Ort. Wir haben den Planeten so vollständig in Besitz genommen wie nie zuvor. Menschen denken, sprechen, und der Philosoph sieht darin eine eigenständige Wirklichkeit, weil wir unser Bild von der Welt durch Informationen gewinnen. Wir waren nicht selbst auf dem Mond, meinen aber, vielerorts Bescheid zu wissen. So können wir einen Urlaub in Spanien planen und eine Überlegung vorantreiben. Das nennt Popper die Welt drei. Kommen wir dann am Mittelmeer an, wirken unsere Ideen zurück auf die Welt Nummer eins: Wir tanken unser Auto an einer spanischen Zapfsäule. So möchte man wohl im Leben etwas tun, wozu man sich motiviert fühlt und hofft auf tatsächliche Ergebnisse, etwas, das wirklich ist, Wirklichkeit geworden ist durch unsere Fantasie und Tatkraft. Schaumschläger sein, Staub aufwirbeln, Fake verbreiten und damit Geld, Politik machen oder die Welt wirklich retten? Das sind so Möglichkeiten. Ein Handwerk können, das ist gut.
# Kunst, und was bleibt von uns?
Ein Sammelsurium von Gedanken, die doch einer roten Linie folgen, kommt hier daher, auch als kleiner Beitrag zum Glücklichsein empfohlen.
Ich habe eine Glosse über Kunst gelesen. Eine Banane war an eine Wand geklebt worden, und der Künstler bekam etwa sechs Millionen Euro (oder Dollar) bei einer Auktion, so genau weiß ich’s nicht, für dieses Werk.
Der Käufer hat die Banane aufgegessen!
Vernünftig einerseits, weil die sonst bald vergammelt wäre und doof auf der anderen Seite, weil diese Früchte bei Edeka bekanntlich billiger sind. Diese Kunst ist so genial, weil sie unsere Denkweisen sichtbar macht und nicht etwa, weil einer handwerklich präzise malt, also Kunst vom Können käme, wie einige meinen. Diese superteuren Werke spielen mit dem Unsinn menschlicher Wertschätzung. Das ist in unserer modernen Welt nur logisch, weil ganze Existenzen auf Behauptungen aufgebaut sind und nach dem Schneeballprinzip funktionieren. Fälle von Hochstapelei gehen viral. Anna Delvey etwa war ein Kunstname der jüngeren Vergangenheit, manche werden sich erinnern, und aktuell fallen mir deutschsprachige Wirtschaftskriminelle ein, die als angesehene Investoren Luftblasen am Markt kreierten.
Ordnungskräfte generieren ebenfalls einen neuen Markt. Die Kripo möchte der Wettervorhersage den Rang ablaufen und installiert Glaskugeln, wo immer das geht. Die Polizei beschäftigt sich zunehmend nicht nur mit bereits geschehenen Taten, sondern observiert besonders sogenannte Gefährder. Die eventuellen Gefahren sind zunächst bloße Vermutungen und Ideen der Beamten. Der Apparat bläht die Fiktion ins Unermessliche, und die Presse macht mit. In Österreich ist man uns voraus: Alle Geflüchteten müssten anlasslos überprüft werden, verlangte kürzlich ein Minister. Man wünscht sich geradezu, dass die im Raster bereits Auffälligen noch was Schlimmeres verbrechen könnten, und kurz vorher will man ihre Pläne medienwirksam durchkreuzen?
Die Polizei schreibt diese Drehbücher selbst, davon bin ich überzeugt. Den bösen Bullen gab es zu jeder Zeit. Der Staat ist immer auch ein korrupter. Der einzelne Arsch findet seine Freunde, nutzt die neuen Techniken; ganz bestimmt gibt es solche Leute im System. Wenn einer als auffällig bezeichnet wird, heißt das nichts anderes, als dass so jemand künftig als willkommenes Opfer lebt, das fröhlich Täter genannt werden darf. Man kann den zum Spielball Auserkorenen provozieren, ihm sonst was anhängen, und zum Schluss hat er noch selbst Schuld, wenn es gelungen ist, ihm eine „Tat“ vorzuwerfen. Das Verbrechen begehen aber die, die anderen ihre Straftaten zuweisen und per Beweis belegen. Das gibt es. Es kam im Fernsehen. Es kommt vor, das geplante Situationen wie inszeniert die Bühne vorbereiten, auf der ein Idiot zum Gespött der Lauernden in eine Falle tappt, dieser unter den Augen der Polizei erst richtig zum Straftäter wird. Das habe ich im Fernsehen gesehen, und alle freuten sich noch, wie dieses Kamel sich, vom süßen Lockvogel geködert, hatte hinreißen lassen, ein Angebot anzunehmen, das dann als Vorsatz zur Tat gewertet wurde. Dafür ging der Mann in’ Bau. Sein eigentliches Ding hatte er angefasst, aber nicht bis zum Ende durchgezogen, weil sein Kunde nicht auftauchte, die heiße Ware in der Garage liegen blieb. Der Mann war ins Visier der enttäuschten Beamten geraten. Es genügte nicht zur kapitalen Anklage. Falschgeld im Schuppen zu lagern, fand die Kripo nicht schlimm genug. Man sagte sich, da geht noch was, und schickte das flotte Mädel vorbei, zapfte das Telefon an, und dann –.
Man muss an unseren Apfelfestbomber denken. Ein Jüngling von Nebenan. Da hat der Staat es auch hinbekommen, ein Leben dauerhaft zu ruinieren? Ich jedenfalls schätze die Berichte vor einigen Jahren im Tageblatt so ein, dass Nachbarn und die Kollegen Dorfpolizisten in bester Zusammenarbeit lustvoll beweisen wollten, was das für ein gefährlicher Spinner wäre? Die Polizei kennt keine exakte Grenze. Das wird schon im sogenannten Verbindungsmann deutlich. Nachrichtendienste sind Spitzenfreunde weltweit. Dazu kommen unabhängige Gruppen, die in jeder Nachbarschaft eine Bürgerwehr bilden könnten und zu unserem Verdruss, also dem des kleinen Mannes, unterwegs sind. Wer diesen altmodischen Ausdruck gendern möchte, soll es tun. Denunzianten aber wachsen in jedem Zeitalter wie Unkraut nach. Verkehrte Welt: Unsere Gegenwart ist Fake und beruht auf Glaube. Man denke auch an Aktien, wie wichtig dieser Markt für jedermann geworden ist. Die Welt ist kommunikativ, manipulativ, redet von guten Sachen – und macht mehr Scheiße als je zuvor. Auch die Politik lebt davon, Fehler zu überspielen und sie der jeweils anderen Partei in die Schuhe zu schieben.
Nie funktionierte zu lügen besser als heute.
Regeln werden ignoriert. Bankangestellte nehmen Kunden aus. Sportler dopen. Empörung hilft nicht. Das ist Alltag: Ich sehe ein Fahrschulauto, der Fahrer gibt extra Gas, als unsere Ampel vor der Haustür längst Gelb zeigt. In hoher Fahrt passiert der Wagen bei inzwischen rotem Licht die Kreuzung. Das ist morgens um acht. Da war sicher keine Schülerin, kein Schüler im Auto dabei. Der kann fahren! Alle machen was.
Da stellt sich schon die Frage, was man selbst im Leben beschicken will, und was uns das persönliche Glück bedeutet?
Damit nähert sich dieser Text allmählich seinem Beginn und dem endlichen Grund, warum diese Worte zusammengefunden wurden von mir. Die Politik dürfte darunter leiden, dass ihre Leistungen nicht so klar anerkannt werden, und so haben auch Hochstapler das Problem, sie werden schließlich nicht gemocht. Nur kurz mal Kanzler sein, dürfte mehr werden. Es ficht solche Menschen nicht an, neue Projekte aufzublasen, wenn sie erkennbar mit etwas gescheitert sind. Wenn soziale Schmarotzer einen Fehler machen, ist das für sie eine Störung, die weiter- und wegdelegiert wird.
Nicht so im Sport (das muss ich auch noch erzählen), es gibt Leistungen, die wir in die erste Welt im Sinne Poppers rechnen sollten.
Es läuft gerade viel Wintersport im Fernsehen. Man kommt nicht drumherum, es mitzubekommen. Ich zappe. Ich sehe, zwei junge Frauen spaddeln mit den Händen, dann saust ihr Schlitten in den Eiskanal. Der Sportjournalist kommentiert live. Das sind schnelle Mädchen. Sie könnten nach ganz vorne kommen, wenn es gut läuft. Die eisige Röhre fordert ihr ganzes Können. Der Reporter weiß um alle Schwierigkeiten auf der Strecke. Er kennt die bisherigen Probleme, die welche wo hatten und was das Sekunden oder Bruchteile von Sekunden kostet.
Anfangs sieht dieser Lauf perfekt aus.
Dann aber sehen wir einmal ein gestrecktes Bein, wo das nicht erwünscht ist. Die Pilotin muss gegensteuern in einer Biege. Das kostet winzige Millisekunden.
Es stört.
So etwas passiert den beiden noch einmal kurz darauf. Damit wird dem Sportjournalisten noch vor dem Zieleinlauf klar, es wird nur Platz zwei.
Eine unglaublich Leistung ist es trotzdem. Kaum vorstellbar, dass einer der Kommentatoren es selbst annähernd hinbekäme, da runterzufahren. Ich frage mich, wie riskant überhaupt so eine Sause ist? Wie würde ich mich anstellen, da abwärts zu donnern; man kann wohl sterben bei einem derben Fahrfehler. Hier wird nicht diskutiert wie bei Motsi und Llambi, da „habe ich ein Bein gesehen“ oder es wär’ der Foxtrott nicht im Trott gewesen. Ein Fehler ist im „richtigen“ Sport jeweils einer zuviel. Das wirft die Frage nach der Befriedigung auf, was glücklich macht? Die Antwort dürfte individuell ausfallen. Ich möchte mich nicht in die Gefühle anderer einmischen und Fremde belehren. Eine Sache aber kann ich als Erkenntnis weitergeben, gerade weil ich so gesehen als Künstler am Markt gescheitert bin. Meine Kunst bekommt keinerlei Anerkennung. Das hat mich zu der Frage geführt, warum ich nicht aufhöre, wieso die Motivation fortbesteht? Zum einen ist meine Existenz finanziell sicher, dass man annehmen könnte, ein Hobby dürfe schließlich sein und müsse nicht begründet werden. Zum anderen macht mir die Arbeit Spaß! So wie Leute eine Modelleisenbahn pflegen, malt Bassiner sich seine Nackten, dürfte mancher denken, und vielleicht ist was dran.
Ich sehe es noch ein wenig anders.
Eine Modellbahn zu bauen geht schon in die Richtung von Beschäftigungstherapie, aber manche Anlagen sind tatsächlich großartig gemacht. Man kann sich das auf YouTube ansehen. Für mich ist die Kreativität der Schlüssel zum Glück, und insofern interessiert mich die Bewertung oder Abwertung der Leute nicht. Mir ist damit gelungen, über den eigenen Schatten zu springen. Ich kann über mich lachen, meine Macke(n) konnte ich begreifen durchs Malen. Nebenbei habe ich eine unbedingte Wahrheit entdeckt. Wie ein Musiker – der unentwegt übt, einen bestimmten Lauf hinzubekommen oder diese Bobmädels, die ohne Ende trainieren – finde auch ich mein Glück im Gelungenen, das nicht angefeindet werden kann, weil es eine Bestleistung ist. Nicht gegenüber der Kunstwelt, im Wettbewerb mit Kollegen: Eine bessere Leistung ist es in dem Sinne, dass etwas klappte, was letztens noch nicht ging. Damit fällt der Vergleich mit anderen zwar nicht komplett weg, man weiß ja, was es für großartige Werke gibt, aber in der Herausforderung gegenüber sich selbst kann man als Künstler immer punkten, auch als Amateur. Wie im Leben, wir Kreativen fragen, was uns stört, uns an uns selbst nicht gefällt, an unserem Projekt und ändern es. Das heißt, eine Aussicht generieren, die persönliche Wahrheit entdecken – und ankommen.
Klebte ich mir eine Banane zu Hause an die Küchenwand, wäre das nur Blödsinn. Damit Geld zu verdienen in Millionenhöhe, ist etwas, was ich nicht kann. Ich bin kein Könner darin und so gesehen kein Künstler. Das weiß und respektiere ich. Ich muss mich nicht echauffieren. Da fehlte mir andererseits aber auch die Lust, dergleichen Konzepte umzusetzen. Ich will ja malen, weil es für mich schwierig ist. Ich bin nicht besonders gut, denke ich, bin eigentlich Zeichner und male bloß an. Ich verzeihe mir keine Fehler, bin kritisch gegenüber meiner Farbspielerei wie die Sportlerinnen im Kanal, denn ich will ja besser werden. Für mich zählt nicht die Kunst als Überraschungseffekt, mir gibt es was, das zu tun, was ich kann und dem neue Varianten zu entlocken. Macht bedeutet mir nichts, aber das Machen. Ich suche täglich Probleme nach der Art: „Finde den Fehler!“, wie man das aus Ratebildchen kennt. So schaue ich auf meine Leinwand. Auf meinen Alltag sehe ich genau so. Viele und besonders Politiker möchten ihre Fehler am liebsten unsichtbar machen? Ich jedenfalls lebe auf bei Ungereimtheiten, kann ich sagen. Das ist meine Perspektive und allgemeine Empfehlung.
Glück selber machen ist besser, als Geld machen!
🙂