Danke, Gott. Erntedank – und ein Nachruf

Dieses Schild da auf dem Trecker, ich habe das gestaltet und in meinem Namen (aber auf Rechnung der Kirche) drucken lassen bei R. hier um’s Eck im Dorf. Ich war ehrenamtlich Mitarbeiter der Kirchengemeinde, bis ich das nicht mehr sein wollte. Ich habe mich maßlos geärgert über den offensichtlichen Rufmord an meiner Person, dass sich Menschen immer wieder verplappert haben und noch stolz drauf schienen, was sie zu wissen glaubten. Augenzwinkernd ein intimes Detail einfließen lassen ins Gespräch, das stutzig macht, machen soll, irritiert, und es geschah mir doch immer wieder.

 „Woher weiß diese Person das?“

Das musste ich mich selbst immer öfter fragen. Direktes Einhaken schien selten möglich. Ich habe es gelegentlich erzählt, das probierten meine Frau und ich nur einmal: Da fiel der Vorhang sofort. Die Leute mochten sich selbst witzig finden? Ein Sport scheinbar, meine Grenze auszutesten, aber nicht zu weit gehen, sich etwa festnageln lassen. Meine Prominenz ist mir selbst bis heute unbekannt und doch reales Geschehen in den unmöglichsten Augenblicken – buchstäblich. Konkrete Kennzinken kamen zu oft vor, als die noch länger zu ignorieren. Das sind Freunde? Viele hielten mich für naiv, glaube ich. Sie wollten mich aber gern dabei haben als Mitmacher bei ihren Projekten. Nur nicht in einem Atemzug mit mir genannt werden oder an meiner Seite fotografiert, mochten solche Feiglinge sein. Schade, dass man dieses Wort nicht gendern kann.

Dies ist wieder eine Geschichte, die ich so noch nicht erzählt habe. Meine Vergangenheit ist zu einem Schöpfbrunnen für kreative Lautmeldungen geworden, und ich kann eimerweise die Leute anpissen damit. Einige Jahre aber bin ich fröhlich ein- und ausspaziert ins Gotteshaus, habe manches gefertigt, kraft meiner kreativen Kompetenz. Das Schild, ein kleiner Auftrag für einen Grafiker. Es galt, sich über den Text und eine Schriftart mit dem Kirchengemeinderat und der Pastorin abzustimmen. Aus mehreren Entwürfen blieb dieser nach. Ich kannte bereits die Firma, die so etwas macht, durch frühere Zusammenarbeit.

# Fußgänger unter Verdacht

Ich bin gut vernetzt, habe Beziehungen. Das übersehen die, denen ich nur der Spinner bin, das vermeintlich pädophile Schwein, das man getrost verarscht. Wer täglich auf Schusters Rappen einkaufen geht, erscheint manchen schon deswegen nicht normal zu sein? Ich kann es mir leisten. Wo eine Kirchengemeinde nichts Besseres drauf hat wie das gemeine Pack, das mit Politik, Polizei und anderen Großkopferten (gemeinsam, im Verein hetzend) losrennt, Auserkorene bloßstellt, sind wir in Stephans angekommen. Als die Platte mit dem Erntedank fertig war, wurde ich von der Druckerei angerufen. Ich weiß noch, bin auch da zu Fuß hingegangen, da ich an diesem Tag keinen Pkw hatte. Meine Frau und ich teilen uns den Wagen. Es bedeutete, etwa einen guten Kilometer zu laufen und dann wieder zurück mit dem Schild unter dem Arm. Unter dem Arm? So lang konnte ich nicht greifen. Das Teil war schwer. Ich kann mich gut erinnern, der humorige Herr R. selbst takelte eine Folie um alles drumherum. Er formte noch Griffe aus diesem Plastikzeug und das lustige Frollein M., eine Auszubildende, lobte ihren Chef: „Das haben Sie gut gemacht, Herr R.“ Dann taperte ich damit zur Kirche. Es wurde mir schwer wie das Kreuz des Herrn Jesu, kann ich sagen. Dann mussten noch Dachlatten dran. Die habe ich angepasst und angeschraubt. Ich kaufte Draht, um alles an den Trecker zu tüddeln.

Selbst schuld bin ich, diese Arbeit gemacht zu haben und schimpfe nicht. Ich freue mich jedes Jahr über das Teil, wollte es ja: Das bisherige Erntedankschild schien mir ein wenig in die Jahre gekommen. Ich sprach seinerzeit die junge Pastorin an, die ihre Stelle frisch übernommen hatte, und tatsächlich wurde ich im folgenden Sommer drum gebeten, mich an einem Entwurf zu versuchen. Das alte Schild, ein wenig angegraut, kaum noch ansehnlich, fand ich zudem brutal.

 „Wie wär’s mit Danke?“

Erntedank, man hörte unseren alten Pastor raus, wie er die Gesellschaft beschimpft. Das machte der! Er beschrieb, wie es ohne Supermarkt wäre. Wir sollten uns selbst um die Ernährung, ums Brotbacken kümmern, Getreide und Gemüse anbauen. Reihum müssten die Menschen füreinander schlachten? Er meinte: „Stellen Sie sich das vor. Dieses Jahr sind Sie dran“, er zeigte mit dem Finger in die Bankreihen auf die erschrockenen Gläubigen, „Sie da, Sie sind dran, weil Sie in der Hauptstraße wohnen. Nächstes Jahr machen es die, die im Wurmkamp wohnen, dann die aus der Chaussee. Sie werden verpflichtet, für uns alle zu schlachten.“ Er schlug vor, die Familien müssten ihre Diele freiräumen, die Kuh von Jörn vom Hof selbst abholen und in ihrer Küche töten, zerlegen. „Denken Sie an das ganze Blut!“, schmetterte der Wütende von der Kanzel. Nicht gerade zeitgemäß in unserer smarten Gegenwart, mochte M. sein wie Don Camillo. Im Dezember rumpelte er: „Totensonntag!“, sagte nicht Ewigkeitssonntag. Das klang ihm zu weich. Er wollte immer provozieren. Streitbar jedenfalls ist der Mann gewesen. Jetzt ist er gestorben, kaum Notiz genommen haben die Leute von seinem Weggang?

Manche Frauen schienen ihn zu hassen, dachte ich, als wir noch neu im Städtchen zugezogen waren. Man ist allmählich hineingewachsen in den Tratsch. Der Weißhaarige war schon speziell. „Sind Sie eigentlich der Pastor hier?“, habe ich ihn gefragt an der Ampel, wo wir aufeinander trafen, „oder nur der Hausmeister in der Kirche dahinten?“ So haben wir uns kennengelernt. „Nein, er wäre schon Pastor, und ob ich nicht in den Gottesdienst kommen möchte?“, antwortete er, den Spott nicht übelnehmend. An Weihnachten waren wir tatsächlich dort. Meine Frau hat mich letztlich überzeugt, man ginge an Heiligabend hin.

Ich habe M. gemalt. Mein Bild „Bitte“ ist auch hier, auf dieser Website, eingestellt. Es hat beträchtliche Abmessungen. Ich hatte eine Skizze vor dem Schaukasten gemacht. Ich fand das so albern, der Pastor bettelt um Täuflinge, hält das Unterfangen aber für nötige Werbung? Die Taufe wird in der Bibel beschrieben, wie es war, als das Ganze neu gewesen ist, und dann steht da immer dieser protzige Benz vor einem schnöden Wohnblock? Links im Bild ist so ein Typ zu sehen, der scheint nicht interessiert. „Nachher trinken wir noch ein Bier“, meint man ihn sagen hören, während das dümmliche Ehepaar neben dem Pastor mit dem Baby steht. Das ist doch als Werbemotiv ungeeignet, fand ich. Niemand hat das Bild begriffen? Es wurde im Rathaus ausgestellt, und der Pastor war auch gekommen, es sich anzusehen. Von weitem eine harmlose Szene, aber aus der Nähe „sähe man alles, die großen Ohren“, meinte er zu mir. Inzwischen kann ich nicht mehr im Rathaus ausstellen, will es nicht, rede kein Wort mit denen. Hier sind alle vernetzt. Die Polizei, die Politik, die Psychiatrie, die Ehrenämter – und die Kirche.

# Unser Künstler

Ich war also Ehrenamtler, malte einen großen Baum für die Kirche. M. entschied, rechts die Liedertafel abzunehmen. Im Geäst schuf ich Klebeplätze für Filzblätter. Auf diese Blätter kamen Fotos der Kinder, die neue Mitglieder der Gemeinde wurden. Das gab immer zu tun. Oft wurde ich angerufen: „John, wir brauchen dich. Ich schicke dir ein neues Foto.“ Dann schnippelte ich ein Blatt aus dem grünen Zeug, druckte das Bildchen in passender Größe aus, ging mit Epoxi und einem Streifen Klett in die Kirche.

Ich mag den Hausmeister. Der alte S. ist längst Rentner und arbeitet trotzdem. Wir albern immer noch ein wenig, wenn wir uns sehen. Das ist ein Mann, er ist Handwerker. Anfangs hatten wir eine Diakonin. Eine Frau, und kompliziert ist sie gewesen. Sie wollte Bilder aufhängen, die ihre kleinen Kirchenzöglinge im Stuhlkreis gemalt hatten. Das gab Streit mit S., der ihr erklärte, der Putz käme herunter an der von dieser Frau bevorzugten Wand, wo sie’s gehängt haben wollte. Ich habe dann, von ihr um Hilfe gebeten, die Kunst so aufgehängt, dass alle zufrieden sein konnten. Ich räumte auch wöchentlich Tische und Stühle hin für ihre Veranstaltungen, weil der Hausmeister, mein Freund, sich weigerte, dieser unmöglichen Frau weiter zur Hand zu gehen.

Ich nutzte mit ihr das Kirchenauto, um sperriges Gut zu transportieren. Ich habe einen Lkw-Führerschein bei der Bundeswehr gemacht und kann so etwas. Der Wagen hat eine Startsperre, die bedingt, den Wagenschlüssel auf eine ganz bestimmte Weise zu drehen, bis das Auto anspringt. Das wussten wir nicht. Es hilft gegen Diebstahl? Das war eine Wegfahrsperre, und wir fuhren erst einmal nicht weg; lange hat das gedauert. Die Diakonin saß neben mir auf dem Beifahrersitz. Sie fiel mir ins Wort, griff ins Lenkrad, fasste an den Schlüssel, als ich es, unkundig in dieser speziellen Sache nicht sofort hinbekam. Wir kramten das zum Modell gehörende Infobuch aus dem Fach. Wir lasen beide gleichzeitig laut darin und probierten beide gleichzeitig, das Fahrzeug zu starten. Ich saß am Steuer, aber sie drehte wild entschlossen am Schlüssel rum! Irgendwann wurde ich energisch und lernte, worauf es ankam, und dann fuhren wir zum Sportplatz. Dort galt es, ein Fußballtor aufzustellen. Ich verstehe nichts vom Fußball. Während ich gerade nicht hinsah, geschah es den Kindern und dieser Frau, dass das große Metallgestänge spontan umkrachte auf den Rasen. Da war ein psychisch auffälliges Kind dabei, so ein dünner Junge mit allerlei sonderbaren Verhaltensweisen. Der ergänzte seine Macken hervorragend mit der Kompliziertheit dieser Frau, und so war ihnen das Tor abgeschmiert. Ein reiner Zufall, dass nicht ein Kind dabei zu Schaden gekommen ist. Ich mochte die Frau trotzdem, vielleicht, weil ich ebenfalls „besonders“ bin, manche mich umständlich finden. Ich mag den Hausmeister, weil das ein entspannter Typ ist.

Ich mochte diesen Pastor, den viele nicht mochten.

Im Winter veranstaltete M. ein üppiges Grünkohlessen in einem respektablen Restaurant im Dorf. Da wurden wir Kirchenleute eingeladen. Es gab Grünkohl satt mit allem, was man dazu kennt und reichlich Bier. Ein paar Ansprachen gehörten dazu. Ich habe das genossen, auch das Reden, mit den anderen zusammen zu sitzen. Ich mag Grünkohl, und hier war der immer ausgezeichnet. Mit der neuen Pastorin sind diese Zeiten vorbei gewesen. Im Überaum für das Kirchenorchester am Kindergarten gab es eine Zusammenkunft für die verarmte Gemeinde. Catering in Mensaqualität speiste uns, und die Freundlichkeiten gestalteten sich (im Vergleich) bemüht. Heute nehme ich nicht mehr teil (an gar keinen Treffen mag ich dabei sein, ich meide auch den Grünkohl mit den Seglern im Frühjahr. Sie haben mich aus ihrer Website gekickt, so wie die Pastorin nicht Teil meines Blogs sein wollte mit dem „Seelsorgeohr“, das ich ihr baute).

Leute können mich mal, ist eine Haltung, und ich koche gern selbst.

Die Pastorin hatte sich bequatschen lassen, dachte Kleidung für Second-Hand fürsorglich zwischenzulagern. Der Hausmeister begriff, dass gesellschaftlich eher fragwürdige Personen ihre Naivität ausgenutzt hatten. Als bergeweise Müllsäcke mit unbrauchbaren Klamotten und überhaupt ekligen Sachen im Kirchturm Platz gefunden hatten, weil diese Proleten ihre Bude entrümpelten, platzte S. der Kragen: „Die verarschen uns!“ Da war ich gerade auf dem Flur wegen meiner Filzblätter, sie am Baum zu montieren, das erinnere ich. Schwups haben wir alles wieder runter geschleppt, eine ganze Wagenfuhre auf den Rasen hinter dem Turm abgelegt. Es regnete in Strömen. Die Verdatterten mussten ihren Krempel, mehr war es nicht, wieder mitnehmen. Das sind so Anekdoten, die mir einfallen. Noch: ich habe im Kirchenchor gesungen, und mein Verdacht ist, zwei besonders saubere Gutmenschen dort waren eher fadenscheinige Gläubige, denen ich einige Probleme verdanke. Für diese Frau (so ein langes Schrapnell), habe ich mir seinerzeit eine Raffinesse einfallen lassen, sie herrlich auflaufen zu lassen. Das gefällt mir noch heute, dran zu denken und macht doch traurig. Keine Projekte mehr mit anderen zusammen unternehmen, ist die vernünftige Konsequenz. Es gibt Selbstvertrauen: Nichts ist stärker als die Wahrheit, wenn diese unvermittelt auf eine Lüge trifft.

# Ich bin in Wedel aufgewachsen

Meine Geschichte, eine Skizze wenigstens gehört an diese Stelle: Ich bin mit 25 Jahren aus der Kirche ausgetreten, für mich war das Weihnachtsfest eine materielle Geschenkeschlacht gewesen. Ich bin konfirmiert, weil es sich so gehörte? Nicht so lange darauf wurde jedenfalls klar, dass niemand aus unserer Familie etwas mit der Bibel anfangen konnte. Wir gingen an keinem Sonntag in die Kirche. Wir beteten nicht. Glaube spielte keine Rolle, außer die Relikte eines naiven Kinderglaubens spukten durch unsere Köpfe, denke ich. Meine Mutter hatte Karl May gelesen, und der Volksschriftsteller mag ihr Gehirn mit kruden Gedanken gefüttert haben, die teilweise auf mich übergingen. Mein Vater glaubte, der Papst, also „die in Rom“ wüssten Sachen, die sie uns nicht sagten. Das Gerede war so in der Qualität eines Erich von Däniken, verschworenes Zeug. Mein Vater hieß ebenfalls Erich. Vielleicht kam es deswegen? Er hatte weder Schulbildung noch nenneswerte Erziehung genossen. Es war Krieg gewesen. Für ihn blieben diese Jahre mit der Bombardierung ein großes Abenteuer ohne Vater oder Gott. Erichs Vater („der Alte“, so nannte er ihn, Schlepperschipper im Hafen) war interniert, weil er gegen Hitler gepöbelt hatte, dann in Spanien untergeschlüpft bei Verwandten.

Die Kinder waren auf sich gestellt im Krieg. Ein Vagabundenleben mit Kohlenklau und weitgehend ohne Unterricht, weil die Schule immer wieder ausfiel. Man kroch unter dem Bismark zusammen bei Alarm. Da war ein großer Bunker am Michel gewesen. Meine Oma war einfach, pragmatisch, hatte genug zu tun, das Nötigste zu beschaffen, zu kochen. Erich schlug sich durch, unterwiesen von den älteren Kindern im Haus, seinem Freund Ludwig und dessen Eltern. So wurde es erzählt.

Wir hatten Gott nicht verinnerlicht.

Als meine Eltern austraten später in Wedel, zornig über die Kirchensteuer, die höher ausfiel, nachdem wir unser großes Haus gebaut hatten, und der Laden gut lief, die Mieteinnahmen wie gewünscht üppig gewesen sind, fand mein Vater es nicht länger nötig, „die Pfaffen“ zu unterstützen. Meine Schwester und ich traten ebenfalls aus, meine Mutter genauso, wir hatten unsere Gründe, meinten wir. An anderer Stelle habe ich wortreich von meiner Konfirmandenzeit in Schulau erzählt. Das lasse ich jetzt mal weg. Die Christuskirche damals in den Siebzigern; sicher nicht der Ort, der mich zum verlässlichen Gläubigen machen konnte, der sich umgekehrt auf Gott verlassen kann. Das Leben mit Gott, der Kirche ist eine wechselseitige Beziehung. Man hört diese Klagen über Kirchenaustritte jedes Jahr. Wer braucht wen, ist eine berechtigte Frage.

Ich habe sie mir gestellt.

Die Antwort heute ist klar. Nachdem ich mit dem Tod meiner Mutter wieder eingetreten bin, bleibe ich dabei, an Bord – aber emotionslos. Ich zahle. Ich stehe nicht zuletzt in der Schuld von Siaquiyah. Das ist der liebe Pastor, der Greta und uns zur Seite stand in unserem Kummer mit ihrem Tod. Ein Mensch, dem ich Vertrauen schenken konnte, das ist dieser kleine große Mann aus Afrika für mich. Ich werde diese Zeit nie vergessen. Andererseits sehe ich keinen Grund mehr, aktuell noch ein Gotteshaus zu betreten. So blöd sind die hier im Dorf, dass ich auf die Frage: „Wer braucht wen?“ eine klare Antwort habe. Zahlreiche freiwillige Arbeitsleistung, humorvolle Bereitschaft meinerseits, spontane Hilfsdienste über einen langen Zeitraum, und mein Gegenüber – eine Frau – verpasst mir wie nebenbei einen Tritt, der an Armseligkeit nicht zu überbieten ist? Das führt dazu, über Glaube nachzudenken.

Mir ist klar geworden, ich glaube nicht an die Jesusgeschichte, wie sie erzählt wird, das Sitzen im Himmel. Das halte ich für Quatsch und effektive Verblödung von schwachen Menschen, die sich’s gefallen lassen, mitgeschnackt zu werden. Trotzdem, unsere Welt legt uns manchen Zwang auf. Das macht nachdenklich. Eine größere Natur, die wir nicht verstehen, muss jeder anerkennen. Darum mag ich dieses Schild.

„Danke, Gott. Erntedank“

Wenigstens haben wir zu essen bekommen; dass wir leben müssen, suchen wir uns nicht aus. Die Erde ist soweit lebenswert, dass sie Luft bietet, Sonnenwärme, Nahrung. Das nehme ich als Geschenk gern an, danke! Mein Kummer ist objektiv, im Vergleich mit dem Leid anderer, minimal, danke noch einmal. Einen Gott, der gerade mir hilft, weil ich glaube, kann ich aber trotzdem nicht erkennen. Das ist eine Welt für alle. Insofern liebt Gott Mohammed Atta und Adolf Hitler nicht weniger als mich oder Frank-Walter Steinmeier? Das glaube ich. Mit diesem Freigeist, der mich kennzeichnet (beseelt), habe ich keinen Platz in einer evangelischen Dorfkirche.

An eine Seele glaube ich übrigens auch nicht. Was soll nachbleiben, wenn alles von mir, das meine Gedanken und Gefühle bestimmt, nicht mehr da ist? Meine Plattfüße, für die ich manchen Spott einstecken musste und die heute durch beharrliches Training besser geworden sind, gehören zu mir. Wenn sie nach meinem Tod zu Erde werden, ist auch mein Geist um sämtliche Beschwerden an dieser Stelle ärmer. Glaubt man der Wissenschaft, ist das Gedächtnis eine Funktion des Gehirns. Wenn mein Gehirn zu Staub zerfällt nach meinem Tod, kann es sich nicht mehr an meine Füße erinnern, die Erde wurden, das glaube ich. Auch sonst, Zeitgeist kotzt mich an. Diese queere Scheiße, jemand sei „im falschen Körper“ gefangen. Das ist dummes Zeug, mit dem man Jugendliche krank macht.

Meine sämtlichen Aktivitäten, das, was ich spüre oder vor Jahren wahrgenommen habe, ist untrennbar von mir, meinem Körper. Es macht keinen Sinn, ist nicht existent, wenn ich nicht bin. Ich habe keinen Busen und weiß nicht, wie es sich anfühlt, ein Mädchen zu sein. Das meine ich. Ohne mich ist auch mein Geist, was immer das sein soll, weg. Davon bin ich überzeugt. Was ist denn mit diesen dementen Alten, die schon zu Lebzeiten verblöden? Kommt ihnen ihr Geist im Himmel zurück?

Das glaube ich nicht.

Und wenn es so wäre, das ist Glaubenssache, und entsprechend frei sind wir (wenn wir es wollen) davon. Es klappt nicht bei mir, mich auf etwas einzulassen, das genauso gut der Hokuspokus ist von Menschenfischern. Ich kann die Allmacht des Seins, ein Umfeld, dem ich mich nicht leicht entziehe, anerkennen, fürchten. Das ist mein nötiger Respekt. Dieses Denken hindert mich nicht, zu lästern, zu fluchen. Ich muss meine Kleinheit anerkennen. Ich weiß, was ich nicht weiß und nenne das Glaube. Deswegen bleibt offen, ob mein Gott evangelisch ist? Er könnte Allah sein mit allem was dazugehört oder beides. Sich eine Konfession auszusuchen, beinhaltet das Risiko, eine soziale Tradition anzubeten. Es sind Götzenbilder. Das wollen Gläubige nie wahrhaben.

Ich glaube an die manipulative Kraft der Kirche. Sie macht krank. Eine soziale Gewalt, andere vom System zu überzeugen und einzubinden in manchen Unfug. Da gehöre ich nicht hin. Das kann kein Gott wollen. Ich habe mir meine Freiheit, die Freiheit meiner Gedanken hart erkämpft. Man sollte den gehirnbefreiten Fieslingen hier dankbar sein für ihren Rufmord. Sie konnten meine traditionelle Gläubigkeit meucheln. Ich weiß nun, warum ich mal vernünftigerweise ausgetreten bin und bleibe aus Überzeugung, nachdem ich wieder eintrat: Ich zahle meine Schulden bei Gott.

🙂