Selbst entscheiden

„Such’ dir dein Problem aus“, ist ein Rat, den sich Kreative vernünftigerweise zu eigen machen! Das heißt, nicht alles anzunehmen, das sich aufdrängt, beachtet zu werden: Andere möchten Recht haben? Man lasse sie gewähren, ins Leere laufen, wo sich eine klügere Variante bietet als ein blinder Streit mit solchen Leuten. Viele Menschen wollen andere dominieren? Darum suchen sie sich ein Betätigungsfeld, das ihnen entsprechende Möglichkeiten bietet.

Wir müssen nicht mitmachen, Opfer zu werden.

Menschen möchten gebraucht werden. Man kann sich einreden, Nützliches zu tun. Besonders die Helfer in unserer Gesellschaft sind sich der Probleme ihrer anspruchsvollen Herausforderung, etwas für die anderen zu tun, oft nicht bewusst. Menschen, die mit Menschen arbeiten, haben eine höchstsensible Funktion. Ein Handwerk oder Forschung zu betreiben, ist so gesehen einfacher. Wer einen Stuhl herstellt, findet den Sinn, es gut zu tun, in der gestellten Aufgabe, dem Material an sich. Der Stuhl selbst scheint zu sagen: „Ich bin noch nicht fertig, du kannst mich besser machen.“ So ist es beim Malen genauso. Das Bild fordert den Künstler. Anders die Arbeit mit Menschen, sie ist nicht einfacher, nur weil man lobt, wie nützlich jemand ist: „Wir brauchen dich!“ Unser System kennt die Fürsorge, und manche streben dahin, für uns alles zu ordnen. Sie meinen, es reiche aus, Gutes zu wollen und bekommen nicht mit, wie die Überforderung sie korrumpiert. Die Berufung zum Guten beinhaltet ihre schiefe Bahn ins Gegenteil, und das geschieht geschickt verborgen, das man es nicht gleich bemerkt.

Gut und Böse können umgekehrt sein. Wer eine entsprechende Erfahrung machte, wird neu denken müssen. Vom Apparat, von der Gesellschaft überrollt, so empfinde ich mich. Menschen, die beanspruchen, das Recht auf ihrer Seite zu haben, fühlen sich stark im Team. Auf der anderen Seite, beiseitegestoßen und als vom System Geschädigter, darf man sich noch naiv nennen lassen. Das erlebe ich. Es hat mir die Augen geöffnet. Ich musste meine Fehler öffentlich machen, zugeben, einsehen. Die anderen nicht. Wer für das Recht arbeitet, meint, immer Recht zu haben? Mit geschärftem Blick aus einer Niederlage hervorzugehen, die andere spotten lässt, hat aber auch einen Vorteil. Man dürfte erkennen, wie gering der Gewinn von Eitelkeiten sich real auszahlen lässt (bei denen, die’s drauf anlegen, Medaillen abzuräumen). Diese Leute selbst merken es in der Regel nie.

Macht auszuüben, fasziniert einige. Sie suchen sich passende Plätze, wo das gut geht. Das Rathaus vom Kaff, das ist schon was. Eine oben nennt sich innovativ. Sogar Frauen dürfen raus aus der Küche, schauen aus der Höhe über den Hof –.

Das ist ein Wortspiel* und keinesfalls als Beleidigung gemeint.

Wir sind heute.

Das Patriarchat war gestern. Moderne Königinnen gelten als gnädige Retterinnen ihres kleinen Reiches. Was liegt näher, als aufzusteigen, wo schon die honorige Position Unbescholtenheit versprüht? Machtmenschen sind um ihren Ruf bemüht. Sie trachten oft danach, andere schlecht aussehen zu lassen. Wem wenig an solider Arbeit liegt, etwa eine Kunstfertigkeit zu erlernen und erst nach Jahren zu beherrschen, dem erscheint die Kombination aus Amt und Einfluss lukrativ. Kultivierte Faulheit könnte genügen, wenn man verbeamtet ist? Das glauben nicht wenige. Sie wollen oben sein, aber nicht wirklich arbeiten, mehr schulmeistern: Trampolinspringen ins Außenamt oder so was in der Art. (Das ist ebenfalls keine Beleidigung, und falls doch, die meisten Verfahren werden eingestellt in Deutschland mangels Personal. Da komme ich mit durch). Ich spotte: Bloß Dienstleistungen nach Vorschrift anzubieten, gefällt solchen Leuten nicht; den Gästen im Restaurant das Essen zu servieren, überhaupt Gewöhnliches zu tun? Manche Frauen sind am Herd wirklich besser aufgehoben, und das ist meine Meinung. Die ist noch erlaubt. Danke dafür.

Das Herrschen über eine gesellschaftliche Gruppe ist dem, der das möchte, wichtiger als die Beherrschung einer speziellen Materie oder die Forschung, wo man im Labor rumwuselt, sonst wo was ausgräbt. Der Unterschied ist, ein Arbeiter arbeitet. Jeder Sportler muss sich den Anforderungen seiner Disziplin stellen, ein Künstler löst Probleme im Umgang mit ästhetischem Material. Der Angestellte erledigt Aufgaben, ein sportlicher Wettkämpfer muss sich vor allem selbst optimieren, und der Kreative probiert, die Ausdrucksmöglichkeiten in den Griff zu bekommen im zunächst sich ergebenden Widerstand durch manche Tücken des besonderen Könnens. Wir erlernen das Beherrschen einer Fertigkeit, Selbsbeherrschung und die Techniken, die es braucht, um beispielsweise mit Papier und Stift Ansprechendes hinzubekommen.

Führungskräfte interessiert das weniger. Ihnen geht es kaum um das, was sie mit ihren Händen tun, sondern um die Manipulation von Menschen.

Die Leitung einer Struktur gibt dem nach Einfluss Strebenden mehr Befriedigung als ein Handwerk oder überhaupt, Aufgaben zu lösen. Zwei Wege bieten sich an, um auf diese Weise Erfolg zu haben. Man führt ein Unternehmen und trachtet danach, Umsatz und Gewinn zu mehren, stellt sich dem Wettbewerb direkt oder geht in den Staatsapparat, Politik, Justiz, solche Sachen. Für sich so empfindende Zeitgenossen, die vom Reformwillen geprägten Gestalter, zählt vor allem, schließlich die Umgebung zu verbessern, zu ordnen. Fasst man Bereiche zusammen, die eine magische Anziehungskraft auf die – so treffend verspotteten – Gutmenschen ausüben, sind es Helferberufe, politische oder überhaupt präsidiale Leuchttürme. Die Grauzone findet sich, wo man noch was Richtiges tun muss: Wer gern Menschen behandelt wie fügsames Fleisch, kann so gesehen Arzt werden. Wem das zu schwierig ist, sein operatives, medizinisches Handwerk, das auch kritisiert werden könnte, zu erlernen, aber die medizinische Manipulation möchte, wird Psychiater. Die unterste Stufe: Als mentaler Coach versucht sich, wer sonst nichts kann.

Wem es überhaupt gefällt, Menschen herumzukomandieren, strebt gleich eine Soldatenkarriere an. Polizei genauso fordert Korpsgeist und Zusammenhalt. Da gilt, was gerade als gesetzlich richtig gilt. Im Zweifel macht man’s eben mit. Wer heute noch dem Rechtsstaat dient, folgt morgen gern dem Unrecht, foltert, quält, wenn sich die Verhältnisse ändern. Dann schrauben Geistliche das Hakenkreuz wieder oben dran. Die Kirche beweihraucht Panzer, wenn das zeitgemäß ist. Sie segnete früher Walfangschiffe, als die zur Ernährung der Menschen absegelten. Jetzt gilt das Tierwohl für die pastoralen Tanten, auch da drängen diese Gendergapsen hin. Überhaupt der Zeitgeist ersetzt den heiligen Geist sowieso. Heute will die Kirche smart sein und sagt, was Gott will eben andersherum, queer, auch das. Den Religionen verdanken wir manche zivile Struktur. Die in der Bibel erwähnten Gesetzestafeln vom Sinai erinnern an die ersten Versuche, Sicherheiten für unser Leben zu generieren. Ordnungsfunktionen innerhalb der Gesellschaft gelten als angesehene Tätigkeiten. Die Steuerung der Mitmenschen möchte jemand gestalten, dem eine Karriere in der Wirtschaft unattraktiv erscheint. Eine Firma muss Gewinn machen. Manager formen ein Team, das am Markt besteht.

Menschen, denen Regeln, Moral und die größtmögliche Freiheit von allen (und sowieso soziales Miteinander) wichtig sind, wollen mehr.

# Moses und andere

Bescheidwisser haben Tradition. Sie kennen das gelobte Land, geben den Rhythmus vor, wo der Bürger mitmuss und hin. Die möchten wie Eltern sein (fürs Ganze). Solche begreifen scheinbar, was uns fehlt. Das sind von ihren Ideen Überzeugte. Die höchsteigene Weltsicht panzert sie gegen Andersdenkende. Mit dickem Fell ertragen sie die Kälte der Mitbewerber, machen die Aufräumarbeit, helfen Opfern, schauen hin. Dafür beanspruchen Talente, Druck auszuüben, anzuprangern, Macht zu kanalisieren. Die gute Seite bedeutet ihnen, dass der Staat sein Gewaltmonopol hat: Saubere Hände wissen, wer die Waffen geliefert bekommt. Die Aufpasser können Täter erkennen und sind selbst nicht tatenlos gegenüber falschen Richtungen. Solche Menschen verbalisieren Ideale, die zu haben und zu vertreten jeden ehrt. Ohne diese Erklärer könnten wir’s nicht begreifen. Da wird gesagt, was gesund und grün ist, was hilft, nützt und uns gemeinsam eine Richtung sein sollte. Eine schöne Sache, sich für alle einzusetzen.

Manche allerdings nutzen gezielt etablierte Jobstrukturen, die mit ansprechender Reputation einhergehen (schicker Anzug, weißer Arztkittel oder Uniform), um letztlich Macht über Schwächere auszuüben. Das pervertiert die nötige Struktur. Schwarze Schafe in der ansonsten weißen Herde geben ihr Bild, das zu jeder Generation, Sparte einer Arbeitswelt passt. Wir werden vom Wolf gebissen, wo dieser, als doofer Hausköter getarnt, scheinbar brav mitläuft: Das ist ein Arzt oder Staatsdiener, eine im Kirchengewand, der Trainer seiner Sportmannschaft, ein Hungriger, der unter Lämmern wütet.

Das sind die schlimmen Fälle, die es in die Medien schaffen, Missbrauch. Es gibt genauso subtile Beeinflussung, die weniger auffällt, die aber, in dieselbe Kategorie eingeordnet, ein durchaus hässliches Bild der Gesellschaft zeichnet. Die Welt ist nun zusammengewachsen mit dem Internet. Entscheidungswellen sausen rund um den Globus. Man erkennt den Dominoeffekt. Das gibt ein Ballzuspielen von Sicherheitskräften und Politik, der Wechselwirkung über die Medien, die sich noch dran nähren, alles anheizen, bis eine populistische Haltung die Masse in zwei Lager spaltet. Nicht nur der Klimawandel gibt sein Thema. Weltweit handeln die Menschen entsprechend allumfassender Ansichten, die unsere Befürchtungen illustrieren und den Aktiven Anlass geben für manches. Der mögliche Untergang unserer Zivilisation ist zum geschickt genutzten Motiv geworden, ein böses Spiel mit unserer Fantasie. Niemand kann die Realität dieser scheinbar neuen Gefahren widerlegen. German-Angst ist ansteckend. Das können wir seit der Corona-Pandemie, den neuen Kriegen in der Ukraine und rund um Israel beobachten. Die bislang vielfältig demokratischen Strukturen der westlichen Welt geraten unter Druck. Man ist überall geneigt, die Dinge schwarzweiß zu sehen. Wir verlieren die Farbe als menschliche Errungenschaft unseres Sehens, könnte man meinen. Eine allgemein traurige Entwicklung besonders für mich als Maler.

Die hässliche Fratze von Donald Trump, ein bislang undenkbarer Chaot an der Spitze der Weltmacht; der Mann wurde gewählt. Wir sind alle Teil dieser Entwicklung und können unsere Köpfe, Anführer nicht ihrer Fehler bezichtigen, ohne uns selbst anzuschauen. So grotesk wie Trump ist Amerika heute. Die Ursache ist kollektive Angst. Die im Wohlstand ihr Schifflein Badenden der reichen Länder schlagen um sich, wie die Insassen derer, die noch ein Boot erwischten, als die Titanic unterging.

# Allein und verraten im Angesicht des Todes

Man stelle es sich vor: In dieser eisigen Nacht ging kein Windhauch. Die Szene wurde gespenstisch beleuchtet vom absackenden Riesenschiff. Oft bloß wenige Schiffbrüchige befanden sich in den treibenden Ruderbooten. Nicht dass in dieser Not üblich gewesen wäre, überall rumzufahren und Schwimmer aus dem Wasser mit aufzunehmen. Das war die Ausnahme und bedurfte einer beherzten Führung. Nicht jedes Boot wurde von einem Steuermann der Besatzung befehligt. Ein verantwortlicher Offizier oder guter Bootsmann könnte hier und da probiert haben, weitere Menschen zu retten? Das Gruseligste was ich las, Menschen im Rettungsboot verhinderten erfolgreich das Anbordklettern von Schwimmenden: „Weg vom Boot, ihr bringt es zum Kentern!“, riefen sie, wird berichtet. Sie hackten mit massiven Belegnägeln, die sie in der Bilge fanden oder der hölzernen Pinne, die sie vom Ruderkopf lösten, auf die Hände der Verzweifelten, die sich vom Wasser aus ans Dollbord klammerten. Aus ihrer trockenen, sicheren Position oben im kleinen Boot fanden Menschen es leicht und notwendig, ihr beinahe gerettetes Leben zu verteidigen. Manche nahmen einfach die Riemen. Das sind diese langen Holzpaddel, die der Laie Ruder nennt. Sie schlugen damit auf die klammen, blaugefrorenen Finger der Armen draußen an der Bordwand, bis diese Schwimmer aufgaben – und zurück ins Wasser sackten. Kaum zu fassen, aber es sterben auch heutzutage Menschen aus ganz ähnlichen Motiven.

Wir können es in den Nachrichten mitbekommen. Da sind die Vereinigten Staaten von Amerika, die ihre weltweiten Zahlungen an Schwächere kürzen, wo immer es geht, es sind die Europäer, die jeweils staatenweise politisch nach rechts rücken. Es ist dasselbe: Wir Reichen stehen auf den Schultern der armen Länder. Die bei uns, die wenig Geld im Vergleich zu anderen in unserem Land haben, werden zum Druckmittel für eine insgesamt härtere Gangart. Denen spielen die neuen Rechten das Spiel Migranten gegen Einheimische auf ihrer Bühne vor. So treibt die vermeintliche Alternative Wähler zusammen mit dem vorgeblichen Motiv notwendiger Überlebenschancen. Bei genauer Betrachtung zeigt sich ein deutlicher Unterschied zwischen notwendiger Zuzugsbegrenzung und brachialer Stimmungmache, die pauschal Remigration fordert. Das muss man immer wieder sichtbar machen. Nichtsdestotrotz haben wir bildlich gesehen drei Stufen des Untergangs. Da sind zunächst die Leute im Großschiff, bemüht, jedes Leck umgehend zu stopfen. Drumherum treiben die im Rettungsboot. Schließlich, wer es sehen will, erkennt die nackt Schwimmenden im Wasser; ertrinkende Menschen gibt es tatsächlich, Flüchtlinge saufen ab im Mittelmeer. Sie alle stehen auch synonym für überhaupt die Verhungernden dieser Welt, die Invaliden der Kriege.

Da sind Menschen, die immerhin im Rettungsfloß schippern, keine barmherzigen Samariter. Das mache man sich klar. Eine böse Masse, und sie lässt sich gern manipulieren draufzuschlagen. Das nachvollziehbare Motiv, unsere Grenzen zu sichern und den Zuzug insgesamt zu begrenzen, bedeutet, Leid anderswo in Kauf zu nehmen. Das muss man aushalten als verantwortlicher Politiker, Wähler dieser Politik (und mit dem Wahren des inneren Friedens gut begründen). Ganz wie die Menschen in einem schmalen Boot umgeworfen werden können von gleichzeitig sich über eine Seite hineinwälzenden Schwimmern. Das hat es bei der Titanic-Katastrophe so sicher nicht gegeben. Einzelne über den Achterspiegel koordiniert zu bergen, dürfte möglich gewesen sein. Es hängt ganz vom Bootsführer ab.

# Der normale Wahnsinn

Es wird zu Recht darauf hingewiesen, wie empfindsam Fremde reagieren, denen man – oft in ganz banalen Situationen – pauschal Andersartigkeit vorwirft oder ihnen den Platz überhaupt streitig macht. Der Blick auf sogenannten Alltagsrassismus hilft, generell aufzumerken, wo Menschen andere dominieren. Das gibt ein schärferes Motiv von uns allen und ist die nicht gerade typische Sicht. Polizisten werden immer öfter von sich aus aktiv. Sie warten nicht, bis eine Tat geschieht. Sie möchten rasterweise Menschen erfassen, die Taten erst begehen könnten? Der Staat kreiert den Verdacht. Die Justiz gestaltet ihre Zerrbilder aus. Der Staatsanwalt beschreibt manche Gefahr, um bald selbst aggressiv zu handeln. Man möchte stellvertretend strafen für etwas, das hätte sein können, wenn man es nicht rechtzeitig erkannt hätte.

Mehr noch als Ordnung ist totale Sicherheit scheinbar das Ziel. Immer gründlicher spähen Umtriebige Gesetzeslücken auf. Beim Vorbeifahren am Unfall auf der Autobahn fehlt scheinbar ein Paragraf im Gesetz, der explizit wie beim Schulbus, der mit Warnblinker angehalten hat, das Missachten der sowieso guten Sitte, langsam und achtsam zu passieren, präzise strafbar macht. Das jedenfalls ist eine neue Forderung der Feuerwehr. Ich habe gelesen, immer öfter seien die Kameraden auf der Straße gefährlichen Situationen ausgesetzt. Da müsste eine besondere Strafbarkeit gegeben sein, meinen welche, denen das bisherige Paket nicht reicht. Immerhin können Raser jetzt als Mörder verurteilt werden. Das ist schon mal was. (Es wird allerdings trotzdem mehr gerast). Forderungen noch und nöcher: Helmpflicht auf dem Fahrrad, Abbiegeassistent im Lastwagen, Rauchverbot überall, Waffenverbote auf der Kirmes, im Bus, in der Kirche, in der Küche und die richtig schlimmen Sachen, terroristische Vereinigungen erkennen, Hasskriminalität bekämpfen.

Gefährder werden erkannt, Gewalttäter gefußfesselt.

Auch das Opfer erhält ein GPS. Die vollkommene Überwachung. Der Radius wird definiert, ein Bannkreis. Der böse Mann schleicht drumherum wie der böse Wolf um die Wiese. Das macht sein Weibchen hochsensibel! Wäre doch gelacht, wenn’s ihm nicht gelingt, so richtig Panik zu verbreiten? „Wenigstens das“, denkt der Gegängelte – und überlegt. Versehentlich kreuzen sich die Wege, wie parallele Buslinien sich gelegentlich nahekommen … haha. Für die Behörde zählt: weniger tote Frauen. So steht es in der Zeitung. Der Preis ist teuer erkauft. Psychisch kranke Frauen sind die Regel bei solchen Methoden, und die Täter dürften jenseits von Gut und Böse ankommen. Es sind Kastraten mit dem Potential der tickenden Zeitbombe. Sie leben in totaler Frustration und dem dauernden Wunsch nach Suizid? Ich glaube das. Man kann sich’s ausmalen. Alle Nachbarn wissen Bescheid. Macht ja nix, sagen sich die Retter. Sie haben ein Projekt aus der Taufe gehoben, das vielen Arbeit gibt. Es klingt gut in den Medien. Da wird endlich gehandelt. Die Leute im Team können sich wichtig fühlen. Niemand bleibt allein. Alle schauen hin und weiden sich noch dran, Idioten zu gängeln, die ungeschickt genug gewesen sind, sich in diese Lage zu manövrieren.

Achtung Satire! Neubauten werden zukünftig komplett mit Kameras eingerichtet, wie heute bereits die Wärmedämmung vorgeschrieben ist. Bald folgt der Anschnallgurt im Schlafzimmer, das Böllerverbot im Klo, der Seitenairbag im Treppenhaus, die Helmpflicht im Bad und vieles mehr. Nicht dass ich mich lustig mache.

Mehr, mehr, mehr: Das Alter der strafmündigen Jugendlichen soll herabgesetzt werden. So denkt man sich das, ohne zu berücksichtigen, dass Kinder, die nun früher als erwachsen gelten, andererseits keine Missbrauchsopfer mehr sein könnten gegenüber übergriffigen Erwachsenen. Das muss ich erläutern? Wo wir heute Zwölf- und Dreizehnjährige erleben, die Mitschüler quälen, möglicherweise ermorden, lebt eine Debatte auf, sie voll nach Erwachsenenstrafrecht zu verurteilen. Dann müssten wir jede Dreizehnjährige, die einen Opa nebenan scharf macht, an seiner Schuld, sich am Kind vergangen zu haben, beteiligen. Wollen wir das? Wo die Kindheit endet, ist juristisch gesehen eine Definition. Nur mit Augenmaß können veränderte Verhältnisse durch eine moderne Rechtsprechung abgebildet werden.

Eine aufgeheizte Debatte (bei allen Themen) gibt vor allem den Scharfmachern ihr Podium: Der Schutz von Menschen ist da nur ihr vorgeschobenes Argument. Es geht solchen Leuten gar nicht um das Verhindern von Verbrechen. Sie selbst sind es, die profitieren möchten, sich profilieren. Das sind Populisten. Die Falken nehmen die Tauben mit, und das System möchte Beute machen. Mehr Profit: Es gibt überall Mondpreise, nicht nur beim Möbelkauf. Wertigkeit ist eine Behauptung. Es gibt keine guten Systeme. Gute Parteien, gute Menschen gibt es nicht. Menschen setzen andere unter Druck, und die machen mit, so ist das. Einzelne erkennen ihre Möglichkeiten, und daraus entwickelt sich die jeweilige Bewegung. Man nennt es Klimaziel oder sonstwie. Es ist nichts als die aktuelle Mode, allerdings auf der Basis von Fakten. Das macht das jeweilige Modell so glaubwürdig. Man kann den Klimawandel ja nicht bestreiten, nicht sagen, dass Gewalt etwa nicht schlimm wäre oder der Pharma ihre Daseinsberechtigung absprechen. Die Medizin will mehr Kundschaft. Ärzte ergreifen die Initiative, sie gehen auf die Patienten zu und bedrängen diese, Behandlungen und Untersuchungen anzubahnen. Helfer benehmen sich wie Drücker an der Haustür, ich erlebe es und reagiere gestresst.

Wenn alle Menschen die Freiheit genießen, ihre individuellen Besonderheiten auszuleben, ist es gut. Ein Rechtsstaat möchte den Rahmen dafür geben. Das bedeutet auch, dass ein Individuum für sich den nötigen Platz allein einfordern muss. Es ist aber Fakt, dass nicht jeder es so gut wie sein Nachbar kann und dass da Menschen sind, die mehr Raum beanspruchen. Wir werden nie eine freie Gesellschaft erleben, die einfach so glückliche Menschen kennt, die nach ihrem Gusto tun und lassen, wonach ihnen der Sinn steht. Deswegen ist ist es immer nützlich, Bewusstheit zu lehren, selbst zu erlernen, wer man eigentlich ist, was man sein könnte – und entsprechende Wege zu suchen.

Psychiatrisch erkrankte Menschen werden ausgenutzt. Sie sind weniger wehrhaft als beispielsweise jemand, der nach einer Operation Ärztepfusch anmahnt und Besserung fordert. Die Eltern von jungen Menschen, die psychiatrisch erkranken, haben das Leid ihres Kindes in der Hauptsache durch ihre Erziehungsmängel verschuldet. Davon wollen sie nichts wissen. Außerdem sind solche Eltern gar nicht in der Lage, Verbesserungen im Verhalten hinzubekommen und rückwirkend ist ohnehin ein Trauma geschehen. Erziehung an sich bedeutet, dass nicht selten die Macht der Abhängigkeit ursächlich ist für Pathologien. Nach den Eltern kommen gleich andere dran, betreten die Pläne, um ihre Vorstellungen durchzusetzen, was geschehen müsse. Zwei noch aktuelle Fälle sind mir bekannt, wo Hausärzte einen jungen Menschen nach seiner ersten Psychose nicht an den Facharzt weitervermittelt haben. Es wurde ein bestehendes Vertrauensverhältnis gegenüber den verstörten Eltern ins Feld geführt, um sich zukünftig am jungen Erwachsenen abzuarbeiten (aus purer Egomanie, wage ich zu behaupten). Sollte sich bei uns ein zurzeit angedachtes „Hausarztmodell“ durchsetzen, wird das kaum zur Entlastung vom Gesundheitssystem, aber mit Sicherheit zu Kompetenzgerangel führen, zum Nachteil der Patienten.

Meine Erfahrung ist, Psychiater passen in dieses Bild, das ich zeichne, weil sich ihre Patienten nicht behaupten können gegen die Gesellschaft. Lehrer ebenfalls gehören zu denen, die eine schöne Aufgabe und ihre Berufung gegenüber uns allen verbiegen, wenn sie ihren Job als überlegene Position begreifen. Im Unterschied zum perversen Missbrauch, der immer wieder aufgedeckt wird, geht mir das darum, deutlich zu machen, wie Menschen scheinbar nebenbei übervorteilt werden.

Mein persönliches Beispiel findet sich also im Leiter einer kleinen Musikschule, wo vornehmlich die Akkordeonmusik gelehrt wurde. Ich hatte meine ersten Schritte ins Leben gemacht als Illustrator und wollte (endlich) auch nebenbei Musik machen. Dieser Chef, ein übrigens humoriger und hochmusikalischer Zeitgenosse, der leider vor einigen Jahren verstarb, wurde mein erster Lehrer an der Trompete. Ein wie gesagt leidenschaftlicher Musiker, er hatte sich tatsächlich mal als Bläser ausprobiert und das als musikalisches Talent nicht schwer gefunden. Es war nicht sein Spezialgebiet, aber man muss schließlich Geld verdienen mit einer Schule. Ich hätte wissen können, dass bei mir mehr nötig gewesen wäre, Defizite in den Griff zu bekommen? Der Liebe brachte mir immerhin rudimentäres Notenlesen bei. Ich machte auch einige Fortschritte mit meinem billigen Instrument, das ich mir auf einem Flohmarkt kaufte, verschämt wohlgemerkt, weil ich nie in der normalen Schule Unterricht hatte. Musik fiel immer aus. Zehn Jahre lang fand das so gut wie nie statt in meiner Schulzeit bis zum Abschluss an der Ernst-Barlach-Realschule in Wedel. Das eine Jahr auf dem Rist bescherte mir einen Platz mit Triangel in der letzten Stuhlreihe unserer Klasse und eine Fünf im Zeugnis. Nach dem erfolgreichen Realschulabschluss kamen bei mir noch zwei Jahre Fachabitur hinten dran in Hamburg. Das Fach war Grafik. Da gab es keinen Musikunterricht, an den ich mich erinnere. Nun gut, selbst schuld. Meine Naivität wird mir erst heute klar. Um eine gute Therapie zu bekommen, muss der Patient kämpfen. Um einen zielführenden Musikunterricht als Erwachsener zu genießen, gibt es gute Angebote. Wir müssen diese eben selbst ansteuern.

# Dienstleister oder Menschenfänger?

Da sind durchaus Berufe zu finden, die auf Gegenseitigkeit beruhen und in Augenhöhe zum Nehmer des Angebots ihren Teil leisten. Während ein Busfahrer und seine Betreibergesellschaft die angebotene Dienstleistung gegen Bezahlung leistet, sind aber eine Reihe von Tätigkeitsfeldern etabliert, wo man Menschen fischen möchte wie die Kirche, um diesen wie Idioten Abhängigkeit aufzunötigen. Es ist der Preis unserer Zivilisation, den wir alle täglich zahlen. Eine auf gegenseitigem Vertrauen aufgebaute Struktur gerät in Schieflage, wenn ihre einzelnen Mitglieder nicht übersehen, wie ihnen geschieht. Aus gutem Grund warnen Forscher vielerorts vor Fake. Unsere Probleme liegen auf dem Tisch: Denkbar ist der kollektive Untergang im Klimakollaps und dem ungebremsten Artensterben. Den Kürzeren zu ziehen als Gattung Mensch in Konkurenz zur selbst geschaffenen technischen Intelligenz oder die Selbstauslöschung im alles vernichtenden Krieg sind wahrscheinlich. Wir könnten draufgehen, wenn jeder Lösungsansatz in den bekannten Problemen erstickt. Menschen müssten nicht nur mitlaufen, sondern selbst denken und lenken. Das gelingt womöglich nicht oder zu spät.

Dagegen gibt es insofern kaum ein Mittel, weil kollektive Bewegungen nur so effektiv sind wie ihr momentanes Motiv. Der fokkussierte Blick kann blind machen. Massen werden mitgenommen von den aktuellen Ansichten, was man machen müsste. Bleibt das kleine Wohlbefinden als lohnendes Ziel. Was immer einer tun kann, ist zu probieren, auch bloß smarten Druck von außen wahrzunehmen und eigene Strategien zu entwickeln, klarzukommen. Zunächst ist uns die grundsätzliche Angst um unsere Existenz in Fleisch und Blut mitgegeben vom Herrn im Himmel, der Natur oder wie man’s eben nennt. Das können sich als Helfer verstehende Mitmenschen ausnutzen. Die Versprechungen, die man uns als Zeitgenossen einer hochgezüchteten Zivilisation macht, sind verlockend? Man sollte manches hinterfragen und durchaus quer denken, wie man’s früher noch sagen durfte.

Immer, wenn Angst sich breit macht, könnte einer merken, wie sich die hypothetische Kette bildet, die dem Impuls folgt. Das sind individuelle Befürchtungen, Muster, die in Fahrt kommen. Grundsätzlich ist die Frage, ob man es aushalten könnte, wenn das Leben oder die gewohnt komfortable Lebensweise absehbar zu Ende ginge? Es ist unvermeidbar, mit solchen Ängsten konfrontiert zu sein, da mache man sich nichts vor. Es gibt schließlich genug Menschen, die an einer Diagnose zu knappsen haben, die ihnen ihr unweigerliches Ende voraussagt in überschaubarer Zeit oder die Armen in den Kriegsgebieten: Sie müssen täglich mit Horrorszenarien leben. Die Vorstellung, einen selbst ginge dergleichen nichts an, ist kindisch.

# Was Lebensqualität bedeutet, kann nicht allgemein beantwortet werden

Die Medizin und auch ihre Pharma sind geschäftstüchtig. Die zahlreichen Mittelchen, die uns im Fernsehen vor acht beworben werden, erschrecken durch ihren dreisten Ansatz. Wie zum Hohn bewältigen Schnellsprecher den vorgeschriebenen Nachsatz: „Zu Risiken (…) lesen Sie (…) fragen Sie Ihre Ärztin (…) usw.“ Seit der Corona-Pandemie mit ihrer zweifelhaften Impfkampagne werden allgemein Impfungen beworben (gegen Gürtelrose und anderes) wie Frühstückscerealien. Das Versprechen, man könne einen früh entdeckten Krebs „besiegen“, ist für mich das typische Beispiel einer Werbestrategie der Medizin, die bloß eine Mogelpackung bedeutet. Die Aussage, Lebenszeit könne gewonnen werden, hört man oft. Ist es nötig, Zeit zu gewinnen? Das fragt kaum jemand. Kann ein Mensch überhaupt einen Gewinn bei einer Sache hinbekommen, die schon aus physikalischer Sicht ein intellektuelles Konstrukt bedeutet, das nicht vollends erklärlich bleibt? Ich bin skeptisch. Der Verkehrsfunk benennt aktuelle Staus: „Zeitverlust hier eine halbe Stunde“, sagt etwa der Sprecher im Radio. Nun verliert die Erde, unser Planet dabei keine halbe Stunde und der Autofahrer im Stau verliert auch keine Zeit. Man lebt im Stau. Das ist mehr als eine Binsenweisheit und verdreht keinesfalls die Meldung, dass es nervt, wenn wir irgendwo nicht pünklich fahren wie geplant. Das Wort sollte aber nachdenklich machen: Zeitverlust.

Wie mögen sich Gefängnisinsassen fühlen, die ein paar Jahre einsitzen? Das gibt das nötige Bild und möglicherweise einen erweiterten Blick auf Schuld an sich. Seitdem im Schwange ist, man könne richtig leben, potenzieren sich die Ängste, dabei zu versagen. Genauso die medizinische Vorsorge; was gesundes Leben sei, darf eine Gesellschaft nicht mehr selbst bestimmen, die etwa Raucher diskriminiert, wo immer man diese gängeln kann. Wer mit der Diagnose Krebs konfrontiert wird, lebt beeinträchtigt und unterwirft sich demjenigen, der das mächtige Wort: „Sie haben Krebs!“ ausspricht. Menschen werden Arzt, weil sie das sagen möchten. Andere fahren einen Krankenwagen, weil sie den üblichen Verkehr wegscheuchen können mit ihrem Horn. Menschen arbeiten deswegen im Staat, Beamte glauben, die Lizenz zum Töten zu haben? So sehe ich uns, und das macht mich in den Augen vieler zum Spinner.

Na und.

# Kunst ist meine Wahl

Nicht mitlaufen, selbst was machen: Ich wähle nicht mehr, traurig aber wahr. Die Politik geht mir am Arsch vorbei. Ich habe entschieden, für immer Kunst. Dafür nutze ich meine Stimme, gebe ein farbiges Bild ab und noch eins und so weiter. Das hat keine Strahlkraft. Meine Kunst funzelt, zieht bloß Schmeißfliegen an. Ich mag keine Menschen. So hat sich’s entwickelt. Ich habe gelernt, man hüte sich vor Leuten, die einen bequatschen unter dem Vorwand, sie schätzten, was man mache. Wer etwas von mir will, auf mich zu geht, ist kein Freund. Das ist eine bittere Erfahrung, die sich wiederholt. Immerhin hilft es, umgekehrt zu denken. Deswegen sollte man’s auch selbst nicht tun, Leute bedrängen. Es ist klüger, kein Fan von jemand sein, und wenn, nur still zu Hause für sich. Mich hat die Zeit verändert und nicht zum Guten. Es gibt keine Liebe auf diesem Planeten, nur Vorteilsnahme. Davon bin ich überzeugt. Menschen und Termine drängen sich auf in der Weise, wie wir die Autos kommen sehen, wenn wir von einer Brücke auf die darunter verlaufende Autobahn schauen.

Erst kommen zwei, drei kleinere Fahrzeuge, dann ein Lkw. Nach einer Lücke geht es weiter. Da fahren wieder drei Pkw verschiedener Marken, ein Bus, was weiß ich. Man suche sich aus, was relevant ist.

Und fertige die anderen wie Sachen kurz ab, die man nicht leiden kann.

Ich kann die zeichnen.

🙂

* zum Schutz der Person wurden (mögliche) Nennungen vermieden.