Hoppla, jetzt komm’ ich!

Wir unterscheiden Körper und Geist wie Fisch und Fleisch, erkennen Beschwerden im jeweiligen Bereich, nennen Diagnosen. Das Gehirn kann erkranken, dann beschäftigt uns „die Psyche“. Wenn jemand Bauchschmerzen hat, reden wir vom Körper, der behandelt werden muss. Das ist zum drüber Nachdenken geeignet, weil kein Körper ohne sein Gehirn funktioniert. Umgekehrt genauso, das Gehirn ist auf Körper, Arme und Beine angewiesen, damit es herumlaufen und gewünschte Aktivitäten umsetzen kann. Die kreativen Einfälle unseres Denkapparates und mögliche Dummheiten geschehen relativ zum gesamten System und bereits gemachten Erfahrungen. Insofern werden die Menschen im Ganzen krank und nicht bloß im Kopf bei einer der vielen psychischen Störungen. Das wird schon mal übersehen.

Gibt es einen Grund für psychische Erkrankungen? Ich meine, ganz allgemein gefragt, die zahlreichen Formen und Diagnosen insgesamt gesehen. Das Bezeichnen von weiteren Symptomen, solchen Ausprägungen eigene Krankheitsformen zuzuweisen, kommt mir vor wie ein Virus selbst, das mutiert, das unseren Intellekt befallen hat. Babylon lässt grüßen: Ärzte gefallen sich darin, immer wieder neue Worte zu definieren (wie alle in der Gesellschaft, die sich wichtig nehmen). Das ist unfair, eine naturgegebene Macht auszunutzen für die Manipulation, sich weiter zu erheben im Weißkittel. Patienten sind verunsichert, werden stigmatisiert, schämen sich, zum Psychiater gehen zu müssen. Wer sich zu einer Behandlung gezwungen sieht, möchte schon wissen, was der Grund der Beschwerden ist, aber der Arzt weicht aus: „Da gibt es immer viele Gründe.“ Der Doktor umhüllt sich mit einer Aura. Man redet nicht Klartext. Der Psychologe meint ja, einen Verrückten vor sich zu haben. Deswegen ist Vorsicht geboten. Der Patient würde die Wahrheit nicht verstehen? Sie könnte ihn überfordern. Der Fachmann ist gar keiner möglicherweise, hat selbst keine Ahnung, was er eigentlich tut, das könnte sein. Er macht einfach, wie man’s ihm im Studium sagte, liest die Werbung der Pharma, verschreibt, was das Zeug hält, und die Therapie soll jahrelang dauern; seine Existenz. Außerdem hilft es nicht zu sagen: „Sie sind aus folgendem Grunde erkrankt, lassen sie dies und das und Tschüss.“ Das klappt auch nicht bei anderen Fakultäten:

„Ernähren Sie sich gesund!“

Gerade weil unser Psychiater gern einen Bogen drum macht um die Ursache, und wir Kranken doch gern die Fehler abstellen möchten, lohnt die Einordnung, möglichen Ursachen den Versuch einer Theorie zu widmen. Mindestens eine Skizze kann ich probieren. Das soll Handwerkszeug und Plan sein, als Karte für gute Navigation auch dem Künstler zur Seite, mir gut zu Gesicht stehen. Wir sind schließlich Leute auf besonderen Pfaden, Könner genannt und nicht normal, stolz darauf, Genie und Wahnsinn zu erfahren.

Wir spalten uns auf, zerlegen unser Selbst – und können das wieder zusammensetzen!

# Psycho

„Woher kommt denn das?“ Eine einfache Frage scheint nicht erlaubt zu sein, wenn das Ganze megawichtig daherkommt mit vielen Facetten. Das bedeutet möglicherweise, zu pauschal dran zu gehen, verschwendete Zeit? Ich möchte es dennoch probieren. Ich glaube, die Fachleute verzetteln sich. Ärzte sehen uns nicht wie Menschen, sondern als Patienten, die (anders als etwa beim Urologen) sowieso unselbständig bleiben. Sie erkennen Krankheiten, die einen Namen bekommen haben, weil das geht. Falls jemand in seiner Psychose im Kreis läuft, schlägt der Arzt im Almanach für psychische Absonderlichkeiten ein eigenes Kapitel auf. Bei jemandem, der nur so spinnt, heißt dieselbe Störung anders. Die Unselbständigkeit der Betroffenen wird nicht korrigiert, weil miteinander reden nicht ausreicht, dem Arzt nichts Klügeres einfällt, als therapeutisch zu moderieren. Man schaut auf die Symptome. Beschreibbare Beschwerden veranlassen sogenannte Mediziner dazu, Gruppen zu bilden von Patienten. Natürlich finden sich individuelle Nöte. Die fühlen sich bei jedem anders an, und man kann schwerlich alle Menschen über einen Kamm scheren. Eine spezifisch soziale Komponente dürfte aber in jedem Fall ausschlaggebend sein bei jeder psychischen Erkrankung. Die Probleme betreffen Menschen, die mit anderen Menschen Schwierigkeiten haben. Unsere Existenz findet vornehmlich direkt in der Gesellschaft statt. Eine Anpassungsstörung ist jede psychische Erkrankung und also ein Problem der Beziehung zu den anderen.

Das größte Problem bei der Behandlung psychisch kranker Menschen ist der ungeheure Aufwand, den eine Gesellschafft betreiben müsste, um nachhaltig zu helfen. Ein weiteres Übel besteht darin, dass unreife Mitbürger ihren Zorn, dass sie benachteiligt sind, nicht als angemessen erkennen, in perspektivisches Verhalten verwandeln können, keine Ansätze erkennbar sind, sie das zu lehren.

In einer akuten Phase arbeitet das Gehirn des Betroffenen nicht korrekt. Deswegen fällt das Verhalten eines solchen Menschen auf. Ein Patient wird zumindest teilweise nicht zugänglich sein für andere, sich anpassen wie üblich, ist weniger kooperativ. Manche Menschen haben keine Krankheitseinsicht. Man nimmt also an, dass eventuell Gefährdung gegeben ist – für den Kranken selbst, für seine Umgebung – und probiert Lösungen aus. Der persönliche Grund oder eine allgemeine Annahme, eine Theorie, woher das Ganze kommt, muss hinter dem pragmatischen Ansatz, der akut notwendig ist, um zu helfen, zurückstehen. Das bedeutet, die Ärzte (und eventuell Ordnungskräfte) kümmern sich darum, die Lage insgesamt zu stabilisieren. Psychiater helfen der Gesellschaft im Ganzen, weniger vordringlich oder gezielt nur dem Patienten. Der kommt in dieser Rangliste an zweiter Stelle. Der Arzt schafft die Beherrschbarkeit einer Situation, die unkontrolliert zu weiteren Problemen führte.

Die Suche nach einem Grund der Erkrankung kann in einer Therapie thematisiert werden. Das steht aber typischerweise nicht an erster Stelle bei den Bemühungen, die der Arzt wichtig findet. Dem Psychiater steht eine begrenzte Zeit zur Verfügung, die er dem Patienten widmen kann. Dem Spezialisten gefällt das Mittel, pharmazeutische Wirkstoffe zu verschreiben. Ein Patient der Psychiatrie ist der Lage einigermaßen ausgeliefert. Er entscheidet weniger selbstbestimmt als jemand mit Knieschmerzen beim Orthopäden. Der Grund, warum ihm diese Erkrankung passiert, interessiert vernünftigerweise den Kranken selbst am meisten. Darin zeigt sich die Störung. Man begreift sich selbst nicht. Nehmen wir an, es ist ein ganz persönliches Motiv, das jemanden aus der Bahn wirft, dann kennt der Arzt es ebenso nicht. Gesetzt den Fall, es gäbe eine allgemeine Antwort, warum Menschen überhaupt psychisch krank werden, dann könnte der Arzt dem Patienten diesen Grund doch nennen? So macht es der Internist:

„Ihre Schmerzen kommen von einem Tumor in der Bauchgegend.“

Der Psychiater kennt gar nicht den Grund, warum Menschen psychisch erkranken, wäre also eine Antwort auf die Frage, warum nicht klipp und klar gesagt wird: „Ihre  Erkrankung definiert sich soundso.“ Auch könnte sein, der Arzt verschweigt die Ursache, um den Patienten absichtlich, medizinisch wirksam zu manipulieren. Man spricht lieber um den heißen Brei herum, so scheint es, und das hat taktische Natur. Es könnte eine raffinierte Idee sein, ein therapeutischer Ansatz? Der Erkrankte soll sich auf diese Weise selbst entdecken. Man möchte ihm das Glück gönnen und glaubt, der Patient findet den heiligen Gral allein? Was einer selbst herausfindet, nützt demjenigen womöglich mehr, als wenn ihm das bloß gesagt wird. Ein schöner Gedanke, aber ein Lehrer, der effektiv hilft, ohne weitere Jahre mit Sucherei zu verschwenden, wäre besser. Denkbar ist, der Grund solcher Erkrankungen liegt zum einen in der persönlichen Interpretation der Lebenssituation, die ein Erkrankter für sich entwirft, als auch in einer nicht zu ändernden Umgebung, die insgesamt das Zeug dazu hat, Menschen zu kränken. Dann könnte der Arzt seiner Theorie anhängen, einen vulnerablen Menschen vor sich zu haben, dem die harten Fakten gar nicht nützen würden.

# Gut und Böse

Ist das so, ist unsere Welt grundsätzlich böse? Das könnten wir fragen, und dazu scheint logisch, der Erkrankte hält sich selbst für einen guten Menschen. Er ist schon deswegen dem Ganzen ausgeliefert als einer der wenigen Ehrlichen, die es gibt. Bei genauerer Betrachtung wären beide Standpunkte kritisch zu hinterfragen. Es geschehen vielerorts empathische Momente der Hilfe für schwächere Menschen; also ist die Welt per se keine schlechte. Zweitens, es gibt keine guten Menschen in dem Sinne, dass da niemand ist, der nicht gelegentlich auf seine Weise stört. Es dürfte eine Fehlinterpretation sein, als netter Mensch gemocht zu werden. Was echte Freundlichkeit von gewohnheitsmäßiger unterscheidet, erkennt ein zwanghafter Typ nicht. Man hält sich für gut, gut genug jedenfalls, aber die Umgebung stützt diese Annahme nicht. Die subtilen Zeichen, es müsste sich was ändern, werden gern übersehen. Eine direkte Konfrontation mit dem Ehepartner, Freund oder Kollegen kann mehr als irritieren. Die Welt zu verstehen, wird um so schwieriger, je weniger man sich selbst kennt, aber die Überzeugung, Bescheid zu wissen, ist bei den Ahnungslosen am größten. Manche wollen sich nichts sagen lassen. Das führt unweigerlich zu Stress. Wer sich prinzipiell gegen Kritik sperrt, tut dies zwanghaft und schafft eine Menge Probleme selbst. Derartige dauernde Reflexe wären ein Grund, psychische Notlagen in Eigenregie zu kreieren. Das passiert, ohne zu wissen, wie man’s macht. Der Ärger, den so jemand heraufbeschwört in seinem Umfeld, summiert sich regelmäßig. Man möchte sich an Führungskräften orientieren, die als beratungsresistent gelten? Mancher meint ja, Willensstärke sei eine gute Eigenschaft. Es dürfte der Unterschied übersehen werden, sich nicht dreinreden zu lassen bei etwas, worüber man im Klaren ist oder trotzig abzublocken.

Es ist albern, in jeder Lage zu sagen: „Ich weiß schon selbst, wie das geht.“

Generell schwierig haben es Menschen, die nicht lernen wollen, was zu ihren Aufgaben gehört und wie diese korrekt ausgeführt werden. Wer im Arbeitsumfeld einen Fehler macht und sich das wiederholt, wird vom Team nicht als gut empfunden. Regelmäßig zu meinen: „Da kann ich doch nichts dafür“, wird kaum nützen. Welches Verhalten wäre allzeit gut genug, um immer gemocht zu werden? Auch wer andere langweilt, eckt sogar damit an. Das provoziert. Es reizt Menschen, zieht Spott und Verarschung auf sich, und das ist nicht gut sein, sondern falsch verstandene Passivität. Nur zu plappern oder sonst wie mitlaufen nervt alle. Sogar Retter werden angefeindet? Wer allen und jedem hilft, dem bescheinigen wir ein Problem. „Der hat ein Helfersyndrom“, sagen wir oder nennen den Guten abfällig: „Gutmensch“, und das wird ihm nicht gut tun zu hören. Sogar der Beste, unser Herr Jesus, wurde schließlich ans Kreuz genagelt! Den Heiland und Segensbringer, den die Christen anbeten; er galt seinerzeit als Störenfried. „Bitte zuhause nicht nachmachen“, wäre eine gegebene Warnung an welche, die auf seinen Pfaden wandeln möchten. Man kann das Gutsein auch übertreiben. Die Tollen, Großartigen, die Leader sein möchten, sind genauso in Gefahr, nicht den besten Weg zu gehen. Bis man erfolgreich darin ist, andere mitzureißen, heißt es wohl, manchen Rückschlag einzustecken. Wer ständig glänzt, polarisiert durch exaltierte Standpunkte, die faszinieren, ruft schon mal Neid hervor. Das ist ebenfalls keine nur „gute“ Eigenschaft, jedenfalls in der Bewertung der Umgebung gibt das Minuspunkte, mögen die Beispiele auch den Einwand beleben, die Erwähnten verdienten Anerkennung für ihre Leistung, Nachsicht für ihre Fehler und Akzeptanz ihrer Einfalt.

Fakt bleibt, wer in einer Gesellschaft lebt, beansprucht individuellen Raum und das heißt, andere müssten dieser wie auch immer gearteten Persönlichkeit Platz für entsprechendes Verhalten machen. Es geht nicht um genügendes Gutsein. Wir müssen einsehen, dass niemand, der existiert, ohne individuelle Inanspruchnahme einer Lebensgrundlage hier bei uns sein kann. Selbst ein guter Mensch stört manchmal den Weg anderer. Gut und Böse sind soziale Bewertungen und können je nach Situation verschieden interpretiert werden. Wir können nicht gut genug werden, dass die Welt uns nur noch liebt. Die Gesellschaft ist nicht nur bösartig, aber stets kritisch und somit gegen uns eingestellt, weil sie ein wenig Platz machen muss. Dazu kommt noch „die Tücke des Objekts“. Die Natur ganz allgemein hält manchen Widerstand bereit, wenn wir eine Tätigkeit ausführen. Die Welt überhaupt, sie wartet nicht auf uns. Auch Gott ist scheinbar oft fern. Der Alte beschäftigt sich mit Problemen noch hinter dem Pluto ganz weit hinten im Weltall. Das kann man nicht wahrhaben wollen und überspitzt betrachtet, würdigen uns besonders die anderen Menschen nicht so, wie wir es verdienten.

Es kann ein Lernfeld bedeuten, manche größere Wahrheit hinzunehmen, die niemand ändert, eine Realität unseres Seins.

Damit wäre bereits ein wesentlicher Grund für die Anfälligkeit bezeichnet, Kränkungen stärker zu empfinden. Wer ein Übermaß an Anerkennung fordert, dieses durch vermeintliches Bessersein provoziert, wird Ärger bekommen. Für ehrlicher, freundlicher hält sich ja mancher, definiert sich wie selbstverständlich korrekt – und das könnte auch überzogene Leistungshaltung sein. Eine paradoxe Situation, die dadurch gekennzeichnet ist, mehr zu tun, die Leistung weiter zu steigern und deswegen noch mehr Probleme heraufbeschwört. Viel zu machen, kann auch bedeuten, dass jemand viele (unnötige) Arbeitsschritte geht, die andere nicht als gute Arbeit erkennen. Das ist nur eine Interpretation des Wühlenden, die seine Umgebung nicht teilt. Nehmen wir noch das Vorhandensein des Bösen allgemein und überall an, als eine Tatsache (die sich belegen lässt, schaut man täglich Nachrichten), haben wir die wesentliche Ursache erhöhter Vulnerablität eingekreist. Jemand richtet sich an anderen aus, möchte Streit vermeiden, läuft Freunden nach, passt sich unnötigerweise an oder leistet mehr als nötig, um Aufmerksamkeit zu bekommen (ist naturgemäß von nicht nur freundlichen Menschen umgeben).

Das macht krank.

Hilfe besteht nun typischerweise darin, dass eine Medizin die Stimmungsspitzen einschleift und wohlmeinendes Gerede Trost spenden soll. Das wird Therapie genannt. Damit verwewigen sich alle Probleme. Das Selbstbewusstsein, was nötig wäre für jemanden, dem nicht möglich ist, Grenzen zu ziehen, Räume einzufordern, einfach mal zu machen, statt auf Reaktionen zu warten, wird durch das Bewusstsein, zum Psychiater zu laufen und die dämpfende Medikation vollends zerstört. Ein Teufelskreis wiederkehrender Erkrankungen, die Bindung an den Arzt und seine Medizin sind nicht selten das Ergebnis unserer anerkannten Behandlungsmethode. Die Festlegung auf einen eben vulnerablen Menschen spricht ihm wohl die Fähigkeit ab, zu einem belastbaren Individuum heranzureifen, und da könnte man die ganze Therapie auch gleich weglassen? Sich mit einem in der Jugend verordneten Grund auseinanderzusetzen, wird auch gern verworfen, weil man ja keine Zeitreise machen kann, um die Vergangenheit nachhaltig zu korrigieren. Fazit, die Psychiatrie tappt rum und weiß das auch. Die größte Schwierigkeit ergibt sich aus dem notwendigen Gespann, dass Arzt und Patient bilden, weil der Psychiater jeweils in die Pflicht genommen wird, wenn der Kranke, selbstständig unterwegs, seine Blödheiten macht.

Angst wahrzunehmen, möchte der Arzt gerade nicht beim Patienten erreichen. Das könnte Folgen haben, die er als verantwortlicher Begleiter nicht mehr kontrollieren kann? Falls jemand, also ein Patient, annimmt, das Universum wohlgesinnt zu machen durchs Verhalten und das nicht recht zu gelingen scheint, draufsattelt, mehr zu tun nach seiner Methode, wird ihn das erschöpfen, zornig machen, ängstlich. Man versteht die Welt nicht mehr. Wie es nun ein Mensch hinbekommt, Warnsignale abzuschalten, bis die Geisteskrankheit unvermeidlich wird, sollten wir lehren. Das scheint zu schwierig? Man sieht die Leute mehr wie Fußballer im Finale. Da wird der schmerzende Muskel vereist, und dann geht’s wieder. Eine fragwürdige Methode, betrachtet man solche medizinischen Pflaster unter dem ganzheitlichen Aspekt Gesundheit, weniger der Leistung, die wir meinen, erbringen zu müssen.

Sucht man den Grund aller psychischen Erkrankungen, dürften unerkannte Ängste die wesentliche Rolle spielen. Nehmen wir eine Medizin hinzu, die alles tut, dass Patienten nichts merken, damit sie funktionieren, bedeutet effektive Selbsthilfe umzukehren, Risiken einzugehen, künftig mutiger zu sein, der Angst ins Gesicht sehen. Dazu müsste ein Betroffener wissen, wie man das überhaupt macht? Viele Menschen entwickeln ja Strategien, um zu erreichen, was auch der Arzt mithilfe seiner Pillen schafft, nämlich nichts zu merken. Das geht eine Zeit lang gut. Dauerhafte Besserung finden wir nur in der verbesserten Bewusstheit, also das genaue Gegenteil mentaler Dämpfung, wenn uns daran gelegen ist, eigene Ängste rechtzeitig zu spüren.

Pauschal lässt sich sagen, ist jedenfalls meine Erfahrung, weniger auf die anderen fixiert, lebt es sich gesünder.

Von der Umgebung weg gehen, sich auf die eigenen Themen einzulassen, gelingt nur, wenn man hinbekommt, ein wenig gelassener dranzugehen ans Leben. Gelassenheit geht aber nicht ohne die körperlichen Komponenten, Entspannung der Muskulatur. Damit gibt es auf die allgemeine Frage nach dem Grund psychischer Erkrankungen eine grundsätzliche Antwort. Ein Mensch, der sich, sein System pfleglich behandelt, rechtzeitig Pause macht, nach einem Schock in absehbarer Zeit ins gelassene Funktionieren zurückfindet, dürfte es besser haben. Das hieße „Bewusstheit können“, zulassen können, vermeidet psychische Aussetzer. Bewusstheit kann auch Selbstbewusstsein genannt werden. Wer sich selbst merkt, ist viel mehr als Psyche. Ein ganzer Mensch, der sich auch als ein solcher begreift, lebt gesünder.

🙂