
Kleine Farbenlehre: „Mensch ärgere dich nicht!“
Nehmen wir an, dass Menschen psychisch krank werden, weil sie an eine Umgebung angepasst sind, die schließlich nicht mehr da ist oder in dieser Weise fortbestehen kann? Gemeint ist die Familie. Der eigentlich geschützte Ort, wo Kinder aufwachsen wie es allen geschieht, mit dem Unterschied eines speziellen Arrangements; eine besondere Konstellation, und sie macht krank. Im bekannten Roman erkennt Tolstoi alle glücklichen Familien als auf dieselbe Weise glücklich. Unglück aber sei unendlich individuell, meint der Autor von „Anna Karenina“. Das illustriert, wie gesunde Kinder aufwachsen und es keine Rolle spielt, wie verschieden ihre Eltern sind, wenn diese nur unsere Welt reflektieren.
Als Kind sind wir abhängig von unseren Eltern. Wir passen uns notgedrungen an. Wenn dieser Rahmen die Welt wiederspiegelt und uns Halt gibt, werden wir zum gesunden Erwachsenen. Umgekehrt gezwungen, an ein verbogenes Bild zu glauben, erkennen wir uns nur im familiären Zerrspiegel. Kinder mit diesem Blick auf sich selbst scheitern, wenn sie probieren, auf eigenen Füßen zu stehen. Man hält sich für besonders, verwechselt Individualität mit dem eigenartigen Umweg. Die Eltern loben das Falsche. Es ist wie Dressur, viele sind ja begeistert davon, Preise zu gewinnen im Hobby, beim Fußball oder anderswo. Die Familie stellt ihr Kind auf einen Sockel, zieht die Unterstützung aber zurück, wenn das kleine Wesen Ernst macht und etwa von Beruf werden will, was bisher Spaß machte? Solche Erzieher strafen überraschend, wo sie selbst unsicher sind. Manche verdrehen jede Reflexion, die von der Umwelt auf ihr Kind gerichtet wird und dieses korrigieren könnte. Solche Eltern schützen ihr Kind möglicherweise, schaffen aber gleichzeitig einen irrationalen Raum.
Schließlich enden Schule und Ausbildung. Während andere sich berechtigt Gedanken machen, ob der Übergang in die Welt der Erwachsenen gelingt, weil das bekanntermaßen auch schief gehen kann, gibt es Sorglose, die annehmen, nun sei alles erledigt mit der Elternschaft. Der junge Mensch glaubt womöglich selbst daran. Die Vorbilder entpuppen sich als Fata Morgana. Jetzt trifft die harte Realität mit ihrem wechselvollen Gesicht ein ungeschütztes System. Man hatte sich allerlei einfallen lassen, um zuhause (und in der Schule dem Lehrer) zu gefallen. Solche Kinder leben wie ein Tier im Zoo, das herausfindet, wie vom Wärter eine extra Portion Futter zu bekommen ist. Außerhalb der Anlage funktioniert dieses Verhalten nicht. Es bedeutet mit einer Brille hinausgehen, die blind macht für eigene Erfahrungen. Alles muss ins Gelernte passen, und das ist fremde Kleidung, nicht unsere eigene Jacke, die wir angezogen haben.
Soweit die bekannte These. Das ermöglicht Ansätze, was getan werden kann, wenn das Kind bereits in den Brunnen gefallen ist und junge Erwachsene nicht klarkommen. Wo psychische Krankheiten wenig mit Umgebung, Eltern und Erziehung zu tun haben, sondern eine pathologisch fixierte (sagen wir genetische) Ursache haben, bleibt nur, das Leiden zu pflegen. Dabei kann leicht übersehen werden, dass eine vorschnelle Festlegung Perspektiven reduziert. Diagnosen mögen dem Arzt helfen. Den Betroffenen können sie zur Zwangsjacke werden und den Intellekt trüben. Bestimmte Gene würden eine abwärts gerichtete Karriereleiter als psychisch Kranker bedeuten, glauben nicht wenige Menschen. Das darf man kritisch sehen. Es ist weniger bekannt, dass Gene keine feste Größe sind hinsichtlich ihrer Aktivität, sondern im Laufe des Lebens angeregt werden oder ihren Einfluss zurückfahren. Anpassung an die Umstände verändert auch die Struktur.
Unser System schmiegt sich insgesamt an die Bedingungen an. Die einen zerrt das Schicksal, heißt es, während andere es eleganter hinbekommen und zu ihrem Wohlbefinden leben. Gegen Wände anrennen, wenn da Türen sind, ist dumm. Wir sollten uns damit beschäftigen, neue Wege zu entdecken. Die Funktionalität und gespürter Widerstand werden vom System realisiert. Angst zu haben, bedeutet Spannung der Muskulatur, aber wie der Einzelne darauf reagiert ist individuell. Das ist unsere Möglichkeit, durch Lernen Einfluss zu nehmen, wie es mit uns weitergeht im Leben. Es ist ohnehin nicht klug, das Denken einzufrieren und von Beginn an die Flinte ins Korn zu werfen bei einer beunruhigenden Prognose. Wer sagt denn Künftiges sicher voraus und bewertet andere unfehlbar? Schon eine Diagnose an sich beinhaltet die Einordnung jemand habe etwas, statt anzuerkennen, dass unser Leben eine dynamische Entwicklung ist. Wir haben ja auch Beine, aber damit laufen wir in eine Zukunft und verändern uns täglich. Die einen handeln klüger und andere weniger geschickt. So ist es mit den Problemen auch, wir können sie aktiv anpacken oder als festgelegt hinnehmen. Kreativ zu sein bedeutet, neue Ansätze entwickeln und Interpretationen zu schaffen, die mit den althergebrachten Erklärungen brechen oder diese erweitern. Dafür tritt die Kunst an, wenn sie mehr sein möchte als nur Dekoration.
# Liebe ist die rote Farbe
Unser Leben ist geprägt von Beziehungen. Da sind nützliche Verbindungen, wir arbeiten mit anderen zusammen, schließen Freundschaften und es heißt, die Liebe wäre ganz besonders. Das ist auch eine Erfahrung: Sie beginnt in der Kindheit, wir haben nur die eine Mutter, suchen diese nicht aus und müssen damit klarkommen, wie gerade sie uns liebt. So sind auch unsere Reaktionen das Ergebnis von Anpassung. Unsere Reflexion macht, dass wir auf eine typische Weise andere wertschätzen, begehren. Die zukünftige Liebe suchen wir, anders als die gegebenen Verhältnisse unserer Familie, aktiv, wenn wir alt genug dafür sind und orientieren uns am vermeintlichen Ideal. Wechselbäder der Zuneigung gewohnt, fühlt sich mancher zu Personen hingezogen, die ähnlich unsichere Verhältnisse versprechen wie ganz früher? Das ist ebenfalls eine These, die Suche nach Schwierigkeiten als innerer Zwang im paradoxen Sinn. Menschen treten mehr oder weniger authentisch auf. Man darf wohl sagen, dass einige oft lügen und andere seltener. Das unterstellt die böse Absicht? Es gibt eine Grauzone, die nicht böse gemeint ist. Manchmal dürfen wir nicht preisgeben, was uns anvertraut wurde. Oft weiß man nicht, wann Interpretationen andere kränken. Es ist menschlich, Informationen selektiv weiterzugeben. Wir folgen der Gewohnheit und unserem eigenen Verständnis zu kommunizieren. Nur Kriminelle schaden den Mitmenschen bewusst durch falsche Darstellungen. Die Leute kommen unterschiedlich klar miteinander. So können manche ganz gut mit einem Griesgram leben, der wenig erzählt. Er lügt ja deswegen noch nicht. Andere würden dabei regelmäßig wütend: „Warum hast du mir das nicht gesagt?“ Ohne ins Detail zu gehen, beschreibt die toxische Verbindung, wie Menschen sich von Partnern angezogen fühlen, die ihnen nicht gut tun. Weil das so ist, liegt hier auch eine Chance für psychisch Kranke.
# Eine Methode?
Problemen auf den Grund zu gehen, sich bewusst auf die Suche nach einem schwierigen Gegenüber machen, könnte die Ausgangslage wiederherstellen. Tatsächlich, solange hier ein unbewusster Zwang das Motiv ist, muss es uns kränken und selbst verletzen. Es spielt weniger eine Rolle, ob es zur Partnerschaft kommt oder regelmäßiges Scheitern, eine solche Verbindung anzubahnen, unsere Not beschreibt. Auf die Menschen zugehen, den Problemen nicht länger ausweichen, könnte helfen. Den Spieß umdrehen, hieße aktiv Menschen suchen, die nur so tun, als wären sie uns freundlich gesonnen. Dabei sollte man welche im Blick haben, denen selbst nicht klar ist, was sie anstellen. Wer annimmt, alles zum Besten zu kanalisieren, spiegelt ein Elternteil wieder, welches uns im Glauben manipulierte, das Richtige zu tun. Theater zu inszenieren ist nun der kluge Weg, sich absichtlich in Schwierigkeiten zu bringen, um Probleme kennenzulernen und anzupacken.
Wir werfen das Netz, breiten die bemalte Decke auf dem Tisch aus. Das ist unser Spielfeld, beinahe ein Schlachtfeld, weil wir endlich kämpfen gegen die Angst. Wir wissen nicht, wovor wir uns fürchten, wurden infiltriert mit Worthülsen, gingen nie los, Wahrheiten zu hinterfragen. Man hat uns geraten, stark zu wirken, und nun wollen wir absichtlich Schwäche zeigen? Das heißt Feinde züchten, sie aus der Deckung locken und soll eine Falle werden. Einigen gefällt, andere zu verarschen. Solche brauchen wir, damit wir ihre individuelle Gestalt begreifen, sie als Synonyme unserer Befürchtungen niederringen. Das gelingt, weil wir zuerst auf den Plan traten, ein Spielfeld zeichneten, das Match konzipierten. Wir sind demzufolge Herausforderer, haben Talent und stellen die Ideen vor. Die Gegner sind Schmarotzer, Neider und wollen uns lächerlich machen. Unser Problem ist kein Mangel an Fähigkeit, sondern Unvermögen, an den Platz zu gelangen, auf den wir gehören. Wir haben keine Ellenbogen, glauben an das Gute und sind nett? Schließlich brechen wir zusammen oder rasten aus, weil wir übervorteilt werden. Verletzlichkeit kann die Lösung von Schwierigkeiten bedeuten. Von sich eingenommene Menschen wollen wir kennenlernen, die sich allzu sicher sind, wir wären schwach wie verachtenswert, ja gefährlich närrisch und der Gesellschaft als krank vorzuführen, letztlich wegzusperren. Es nützt, Intimes preiszugeben, das gegen uns in Stellung gebracht werden kann, aber auch Interesse weckt. Was wäre besser geeignet, als mit unseren Träumen und sexuellen Peinlichkeiten zu kokettieren?
# Kurze Anleitung zum Anlocken von Gutmenschen
Menschen, die uns glauben machen, sie würden uns mögen, obwohl sie wenig Interesse an einer wie auch immer gearteten Beziehung haben, sind welche, deren eigene Ängste sie dazu bringen, ja zu sagen, obschon sie eigentlich auf Abstand bleiben möchten. Auch Helfer, Ordnungskräfte im weitesten Sinn manipulieren für die gute Sache. Ermittler lügen, wenn sie glauben, der Welt zu helfen und psychisch Auffällige sind bekanntermaßen ihre Beute. Und wir möchten angelogen werden, um zu lernen, was uns kränkt? Natürlich, die Idee dahinter ist eine verzerrte Umgebung (ähnlich unserer speziellen Kindheit) selbst zu kreieren.
Nicht nur Ausländer haben es schwer. Alle, die angreifbar sind, werden von der Gesellschaft missachtet oder ausgebeutet, nicht selten unbewusst und in gutem Glaube, so ginge man miteinander um. Kranke werden vom System ausgenutzt. Das müssen wir ins Gegenteil verkehren zu unserem Besten. Menschen möchten manipulieren, halten sich für klüger. In diese Einbildung müssen wir sie rennen lassen wie ins Messer. Wenn uns, den psychisch Kranken, das gelingt, werden wir Selbstbewusstsein gewinnen (und daran mangelt es). Wir können uns nicht behaupten in einer Welt, die wir nicht verstehen. Wenn es gelingt, Begegnungen selbst aktiv zu gestalten, wo wir betrogen werden mit falscher Zuneigung und das schließlich offensichtlich ist, werden wir ein Stück weit begreifen. Wir scheitern also bewusst, provozieren Scham. Das ist eine Methode, die damit spielt, dass andere über ihr Ziel hinausschießen, um uns zu gängeln. Angst, die Kontrolle zu verlieren, kommt auf und macht deutlich, alle sind betroffen. Es befreit aus einer isolierten Position, die man uns zugewiesen hatte.
Handeln wir wie gewohnt zwanghaft und wenig reflektiert, gehen wir baden mit der guten Idee, knallen schlimmstenfalls durch, landen in Klappse, bekommen einen Betreuer vorgesetzt und man spricht uns die Fähigkeit ab, die eigene Existenz zu managen. Unsere Familie, eine Behörde, die Nachbarn machen uns Erbschaft, Elternschaft und die Fähigkeit, verantwortlich zu handeln streitig. Aber, „Phoenix aus der Asche“, wir können durchstarten, falls wir schafften, genau zu beobachten, wie alles abgelaufen ist. Dabei kommt heraus, niemand wird verrückt mit sich allein. Nun gilt es, den Verstand wieder einzuschalten. In diesem Spiel kann jeder den schwarzen Peter bekommen. Mit ein wenig Geschick sollte gelingen, andere zu belangen, beteiligt am Komplott und ursächlich für die Notlage gewesen zu sein, befähigt einzuschreiten, weil im Amt verantwortlich platziert. Wer regiert, ein Team leitet, Soldaten in den Kampf führt, muss Umsicht beweisen. Auf einer Freifläche schießen Leute den eigenen Anführer ab, wenn dieser nackt in Blödheit badet während die Truppe Haue bekommt.
# Am Ende lacht das Glück
Mag der Fisch auch weiter vom Kopf her stinken. Schon bald können wir die Früchte ernten. Man muss verlieren können, Nehmerqualität entwickeln – drüber stehen, dass das Dorf, die Welt zugesehen hat beim – was weiß denn ich? Jetzt nach vorn schauen! Auf dem Schlachtfeld beginnt der Rückzug der Verlierer zuerst. Der König könnte verblendet an den Sieg glauben. Und regiert eine Frau, wird sie erst recht verbohrt daran festhalten, die Realität nach ihrer Vorstellung zu verbiegen. Auf der Straße unten aber wird entschieden, wer wahrhaftig ist, wer verrückt – und wer das provozierte. Mutig gegen den breiten Strom! Die Angst ist beim Gegenüber angekommen. Die Herde trabt in eine neue Richtung, treibt eine andere Sau durchs Dorf. Wir müssen nur abwarten und die Augen offen halten. Bald trifft man Leute wieder, welche sich leichthin davon gemacht hatten. Das tat weh, so dumm im Regen zu stehen, als wäre verstört zu sein ein Schicksal. Von Natur aus gesünder und darauf eingebildet, dachten nicht wenige wohl, ihr Ding zu machen, anonym natürlich. Das war’s dann und Tschüß: „Ganz weit weg gehe ich.“ Diese Schlauen ergötzten sich noch vor kurzem an mancher Peinlichkeit, die sie an uns zu bemerken glaubten. Es heißt, man „trifft sich immer zweimal“ im Leben. Die alten Bekannten sind runter vom hohen Ross. Falsche Freunde haben ein Problem bekommen, geben sich verschämt, verstockt. Das Vogel-Strauß-Gebaren oder einfach weglaufen bleibt ihnen, schlauer zu werden, wer sie eigentlich sind.
🙂